Es geht um Arbeitsklima und Arbeitsmotivation

Wieviel Gefühl darf ein Manager zeigen?

17.11.2023
Von 
Sabine Machwürth ist geschäftsführende Gesellschafterin der Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI Consultancy) in Visselhövede (D). (ww.mticonsultancy.com).

Gerecht und berechenbar sein

Eine Voraussetzung hierfür ist, dass sie ihren Vorgesetzten nicht nur als eine "Maschine" erleben, die ihre Funktion erfüllt, sondern auch als Mensch, der ihnen zuhört, sie versteht und wie sie mal gute und mal eher schlechte Tage hat. Deshalb sollten Führungskräfte im täglichen Umgang mit ihren Mitarbeitern durchaus Emotionen zeigen. Und sie sollten diese gezielt einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen.

Hierfür müssen Führungskräfte ihre emotionalen Reaktionen zunächst kennen. Doch dies allein genügt nicht. Führungskräfte sollten auch wissen, welche Faktoren die jeweiligen Reaktionen bei ihnen auslösen. Sie sollten also zum Beispiel wissen:

  • Jetzt reagiere ich gereizt, weil ich gestresst bin. Oder:

  • Jetzt weiche ich aus, weil ich einen Konflikt scheue. Oder:

  • Jetzt reagiere ich wütend, weil ich mich gerade selbst über einen Lieferanten geärgert habe.

Denn sonst verhalten sie sich gegenüber Mitarbeitern schnell ungerecht. Emotionen zeigen, heißt also nicht, wild um sich schlagen, sondern diese kontrolliert zeigen. So darf eine Führungskraft ruhig auch mal ihrem Frust Ausdruck verleihen, solange sie weiß, dass dies die Mitarbeiter nicht infiziert.

Unsicherheiten ruhig zugeben

Geäußerte negative Gefühle können gerade in schwierigen Zeiten sogar ein Medium sein, um in einen persönlichen Kontakt zu den Mitarbeitern zu kommen und ihr Verständnis zu gewinnen. So zum Beispiel, wenn eine Führungskraft ihre eigene Verunsicherung darüber artikuliert, dass seit einigen Jahren gefühlt permanent solche unvorhergesehenen Ereignisse wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg usw. alle Planungen über den Haufen werfen.

Führungskräfte sollten also lernen und akzeptieren, dass auch ihr Verhalten Gefühlsschwankungen unterliegt. Das heißt auch: Während sie manchmal auf gewisse Verhaltensweisen von Mitarbeitern eher gelassen reagieren, bringen diese sie in anderen Situationen in Rage - zum Beispiel, weil sie gerade gestresst sind oder schlecht geschlafen haben.

Für einen ausgeglichenen Gefühlshaushalt sorgen

In einem gewissen Umfang sind solche Gefühlsschwankungen für die Mitarbeiter akzeptabel - insbesondere, wenn sie wissen, was die Ursache hierfür ist. Schließlich wollen sie ihren Chef ja auch als Mensch erfahren. Zum Problem werden Gefühlsschwankungen oder -ausbrüche für die Mitarbeiter erst, wenn das Verhalten ihres Chefs hierdurch für sie unberechenbar wird.

Denn dann erfahren sie dieses oft als ungerecht und unangemessen. Also gehen sie zu ihrem Chef emotional auf Distanz - auch weil sie nicht mehr wissen, wie sie sich verhalten sollen, um beispielsweise seinen Wutattacken oder seiner beißenden Kritik zu entgehen.

Balance zwischen Privat und Beruf sollte funktionieren

Deshalb sollten Führungskräfte dafür sorgen, dass ihr Gefühlshaushalt weitgehend in Balance ist. Hierfür muss ihnen bewusst sein, dass ihr Verhalten am Arbeitsplatz auch dadurch beeinflusst wird, wie zufrieden sie ansonsten mit ihrem Leben sind.

Dem Lebensbalance-Modell von Nossrath Peseschkian zufolge lassen sich in unserem Leben vier Bereiche unterscheiden. Neben dem Bereich "Arbeit/Beruf" gibt es die Bereiche "Sinn/Kultur", "Körper/Gesundheit" und "Familie/Beziehung".