ERP

Wenn das Softwareprojekt zum Nervenkitzel wird

22.05.2008
Von 
Daniela Hoffmann ist freie IT-Fachjournalistin in Berlin.

Ruwido Austria: Flexible ERP-Software für Prozessharmonie

Die Ruwido Austria GmbH ist Spezialist für Technik, Design und Usability im Bereich Infrarot-Übertragung, Fernbedienungen und Keyboards, insbesondere im IPTV-Sektor. Die Österreicher sind Partner für Firmen wie Loewe, Telekom Austria, Deutsche Telekom, Telecom Italia, France Telecom, Swisscom, Mercedes und Magna. Rund 20 Prozent der 190 Mitarbeiter sind im Bereich Forschung und Entwicklung tätig. 2003 wurde das Unternehmen aus Neumarkt am Wallersee per Management-Buyout aus einem Konzern herausgelöst. Zum einen lief die Nutzungsmöglichkeit des alten ERP-Systems innerhalb von zwei Jahren aus. Zum anderen verfolgte der Geschäftsführer Ferdinand Maier die Vision eines "fraktalen Unternehmens", also den Blick auf Prozesse statt auf Abteilungen. Anstatt eine schachbrettartige Struktur mit klaren Grenzen und tradierten Abteilungshierarchien zu leben, ging es um eine ganzheitliche Sichtweise und eigenverantwortliche Organisationseinheiten (Fraktale) mit unternehmerisch handelnden Mitarbeitern. Für diesen Ansatz wurde das geeignete ERP-System gesucht.

"Wir wollten keine tiefgreifenden Anpassungen, da das meist zu Problemen bei Release-Wechseln führt. Deshalb haben wir nach einer Software geschaut, die im Standard gut mit unseren Prozessen harmoniert", sagt Albert Maier, Leiter "Final Product" und Logistik bei Ruwido, der dem ERP-Team als Verantwortlicher für das operative Geschäft der Gruppe und als Key User für Lagerlogistik angehörte. Den Auswahlprozess gewann das ERP-System Semiramis (heute SoftM). Im Juni 2005 wurde der Vertrag unterzeichnet, im August begannen Neumarkter mit einer Schulungswoche, und am 2. November ging die Lösung in den Live-Betrieb. Dazu gehörte nahezu das gesamte Standardpaket. Auch bei den geplanten Manntagen blieb das österreichische Unternehmen knapp 30 Prozent unter den Schätzungen. Der klassische Stolperstein Datenübernahme machte keine Probleme, da die Daten schon in einem früheren Projekt bereinigt worden waren. Rund 14.000 Artikel, Stücklisten und Arbeitspläne landeten so im neuen System, der Zeitaufwand betrug etwa ein Drittel der Projektlaufzeit. "Unser Projekt wäre normalerweise in einer Größenordnung von sechs bis neun Monaten angesiedelt gewesen", schätzt Maier.

Auch die Einführung verlief "fraktal", Vertreter sämtlicher Abteilungen wie Einkauf, Lager-Management, Disposition und Vertrieb arbeiteten als Key User gleichzeitig am ERP-Projekt mit - und jeder wurde in sämtlichen Modulen geschult. "Dadurch entstand eine Eigendynamik, die das Team zusammengeschweißt und bei der jeder höchstmögliches Engagement eingebracht hat", erinnert sich Albert Maier. Die Unternehmenskultur mit flachen Hierarchien und Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter spiegelt sich auch in der Sitzordnung: In einem als "Focus Factory" bezeichneten Großraumbüro sitzen alle Mitarbeiter in wichtiger Funktion zusammen, damit die Kommunikation auch aus dem Stehgreif klappt. Jeder von ihnen kann im System dank der übergreifenden Schulungen auch Informationen aus anderen Bereichen recherchieren, ohne umständlich in der entsprechenden Abteilung nachzufragen.