Stratege sein: Nicht ohne mein Budget

27.08.2003
Von Katharina Friedmann

Budgetkontrolle als Initiativhebel

"Seit den 90er Jahren haben wir dieses Spannungsfeld gut im Griff", resümiert der IT-Vorstand. Heute verantwortet der Victoria-CIO ein zentrales IT-Budget, das er der vor drei Jahren gegründeten Techniktochter "IT-Ergo" zur Verfügung stellt. Die Verteilung des Budgetkuchens erfolgt im Gespräch mit den jeweiligen Fachbereichen, die dann im Sinne einer "verursachergerechten" Leistungsverrechnung belastet werden. Gutts operative Einheit, die als Schnittstelle zur IT-Ergo fungiert, sorgt - im Zusammenspiel mit dem IT-Dienstleister - für die Einhaltung der Budgets sowie reibungslose Abläufe bei Projekten und auf operativer Ebene.

Nach Ansicht des Victoria-CIO stellt die Kontrolle über das IT-Budget nach wie vor den Initiativhebel dar, doch damit sei es nicht getan: "Es genügt nicht, die Einzelbudgets aufzusammeln und zentral zu verantworten", so Gutt. Vielmehr versteht sich der IT-Chef als inhaltliche Schnittstelle zwischen dem eigentlichen Versicherungsgeschäft und dem, was an IT benötigt wird. "Das hat aus dem Geschäft heraus zu geschehen - denn schließlich sind wir ja keine T-Systems oder IBM, sondern ein Versicherungsunternehmen", stellt Gutt klar.

Bei der Sartorius AG in Göttingen hingegen kommt es durchaus zu technikrelevanten Kosten und Investitionen außerhalb der IT-Organisation. Diese müssten allerdings nach wie vor in das Gesamt-IT-Budget des international agierenden Biotechnologie-Zulieferers und Mechatronik-Herstellers eingebaut werden, so CIO Dieter Geile. Sein Unternehmen verfährt dreistufig: Während Geile, der in seiner Funktion als Konzern-CIO direkt an den Vorstand angebunden ist, ein übergeordnetes "Zentralbudget" verwaltet, kontrollieren die IT-Verantwortlichen der einzelnen Töchter und Geschäftseinheiten jeweils ihr eigenes Budget.

Darüber hinaus sind in bestimmten Fachbereichen Gelder für IT-Maßnahmen und -Projekte eingeplant. Dabei wird die erbrachte IT-Leistung entweder - ähnlich wie bei der Victoria AG - im Nachhinein auf den Leitungsempfänger umgelegt, oder die Abteilungen verfügen über ihr eigenes IT-Budget. "Ein für einen Vertriebsbereich beschlossenes CRM-Projekt wird auch direkt dort angesiedelt", nennt Geile ein Beispiel. Ein Vorteil dieser dezentralisierten Verfahrensweise ist nach Erfahrung des CIO die ungleich höhere Akzeptanz, wenn ein fachspezifisches Projekt in seiner Gesamtheit - bis hin zu den Kosten - innerhalb des "nutznießenden" Fachbereichs abgewickelt wird.

Neben der Koordination aller IT-Strategien und -Projekte läuft bei Sartorius auch die Abstimmung der Budgets über den CIO. Dies geschehe zwar nicht diktatorisch, dennoch sei er "die letzte Instanz, was die Verantwortlichkeit für IT-Budgets betrifft", beschreibt Geile die Vogelperspektive, aus der heraus er die DV-relevanten Konzernausgaben steuert.

"Einen Zero-Budget-CIO sehe ich nicht", schließt sich Geile der Meinung des Victoria-Vorstands an. Wie den Fachbereichen müsse auch der IT ihr eigenes Budget zugestanden werden, lautet seine Devise: "Über die gesamte IT-Pyramide gibt es Aufgaben und Bereiche, über die die IT aus sich heraus entscheiden muss - und zwar sowohl hinsichtlich Kosten als auch Investitionen." Dazu zählt der IT-Chef die gesamte technische Basis sowie übergreifende Infrastrukturbelange und Strategien - etwa bezüglich der Systemstandardisierung, des IT-Betriebs und der Sicherheit -, die von den Fachbereichen mangels Know-how nicht überschaut werden könnten. "An dieser Stelle sollte der CIO nicht mühsam hinter Geld herlaufen müssen", fordert der IT-Chef. In seiner übergeordneten Budgetverantwortung sieht er den Spielraum und die Flexibiltität, die er benötigt, um seinem Unternehmen wirklichen Nutzen zu bringen: "Wem nur Geld zugeordnet wird und wer sich stets Genehmigungen einholen muss, der kann sein Geschäft unmöglich aktiv gestalten."

Grundsätzlich hält es der Sartorius-CIO für seine Aufgabe, vorauszusehen, welche IT-Anforderungen auf sein Unternehmen zukommen. Seiner Erfahrung nach kann dies jedoch immer nur teilweise Technik sein - hinzu kämen Organisations- und Strukturaufgaben. "Die hierzu erforderliche Basis ist ganz klar die Kenntnis des Unternehmensgeschäfts", steht für Geile fest. Diesbezüglich hält er es mit dem alten "Hase-Igel"-Spiel. "Gut bin ich, wenn ich so vorgearbeitet habe, dass ich weiß, was an Bedürfnissen von den Fachbereichen an mich herangetragen werden wird", erläutert der CIO sein Leitprinzip. Eine vom operativen Technikgeschehen losgelöste, rein strategische IT-Abteilung hält er allerdings für wenig nützlich: "Eine Strategie muss ja einen Zweck erfüllen."