TechEd Europe

Microsoft will sich in der Wolke breitmachen

09.11.2010
Alles drängt auf die mobilen Internet-Geräte und dort geben die Apps den Ton an. Beide Trends können Microsoft nicht gefallen.

Der Software-Marktführer hat seine Stärken auf dem stationären Computer - gerade erst haben die beiden Stammprodukte Windows und Office dem Konzern in Redmond bei Seattle einen neuen Quartalsrekord beschert. Um sich für die Zukunft zu wappnen, setzt Microsoft nun voll auf die Cloud: Bei den IT-Diensten aus der "Wolke" werden die Marktanteile gerade erst verteilt.

"In der Cloud bieten sich neue Möglichkeiten und Chancen", sagt Jamin Spitzer, der in dieser Woche aus der Microsoft-Zentrale nach Berlin gekommen ist, zur Entwicklerkonferenz TechEd Europe. Ja, bei den mobilen Geräten gebe es jetzt "eine heterogene Welt", räumt der Manager ein, mit Blick auf den Marktanteil der Windows-Smartphones von zuletzt nur noch fünf Prozent.

Aber mit seinen Cloud-Diensten wie der Azure-Plattform könne Microsoft alle Arten von mobilen Geräten ansteuern, erklärt Spitzer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Auch die Geräte, die mit Software der Konkurrenz bestückt sind: "Da wird dann die Android-App auf dem Frontend von einem Azure-Dienst aus dem Backend bedient."

Das Frontend, das ist das, was der Nutzer vor Augen hat. Hier ist die Benutzerfreundlichkeit der grafischen Oberfläche wichtig, was vor allem eine Frage des Designs ist. Die technische Intelligenz aber liegt überwiegend im Backend. Dort gibt es Datenbanken und Server- Technologien sowie Virtualisierungslösungen, um bei Bedarf schnell mal ein paar hundert Computer zusätzlich anzustöpseln.

"Skalieren" heißt das in der IT-Branche, und das ist eine wesentliche Voraussetzung für das Cloud Computing, die Bereitstellung von Software, Datenspeicher oder Prozessorleistung als jederzeit verfügbare Infrastruktur - "ganz so wie Wasser aus dem Wasserhahn", erklärt die Cloud-Expertin von Microsoft Deutschland, Anna Fetzer.

"Jetzt geht es für Microsoft darum, sich Marktanteile im Backend zu sichern", meint auch Jürgen Wichmann von der Eon IT, einer der rund 7500 Teilnehmer der TechEd Europe. Denn auf dem Smartphone habe Microsoft einfach zu spät auf den Siegeszug der Konkurrenz reagiert. Windows 7 laufe sehr gut, aber das gerade erst eingeführte Windows Phone 7 werde sich wohl nicht durchsetzen.

Microsoft-Manager wie Said Zahedani halten dagegen. Auch die Präsenz auf dem Frontend sei wichtig. Und wenn es für das neue Windows Phone die richtige "Killer-App" gebe, könnten die Marktanteile schnell wieder anders aussehen, sagt der in der Geschäftsführung der Microsoft Deutschland GmbH für Entwicklerfragen zuständige Manager.

Für drei junge Entwickler aus Hamburg hat die Arbeit für unterschiedliche Frontend-Plattformen ihre Schrecken verloren. Ihre Firma MediBits hat eine Technik entwickelt, die es auf der Basis der Microsoft-Programmierplattform .NET ermöglicht, Computerspiele ebenso für Windows-Handy zu entwickeln wie für das iPhone oder das Android-Gerät. "Die Plattform auf dem Endgerät wird immer weniger wichtig", sagt einer der Geschäftsführer, Karsten Wysk. "Das ist letztlich austauschbar."

Umso interessanter wird der Wettbewerb im Backend. Hier sieht sich Microsoft erneut mit starker Konkurrenz konfrontiert. Bei den betriebswirtschaftlichen Anwendungen aus der Cloud ist Salesforce.com seit Jahren eine feste Größe. Bei der Bereitstellung von Rechnerkapazitäten sind Amazon und Google mit ihren riesigen Rechenzentren gut dabei. Und die Virtualisierung wird von VMware geprägt, das sich in diesem Jahr mit Salesforce.com verbunden hat. Auch bei IBM oder dem Datenbankspezialisten Oracle wird eifrig an eigenen Cloud-Strategien gearbeitet.

Microsoft will alles in einer Hand bieten und forciert die Cloud als "Platform as a Service", mit Windows Azure als Cloud- Betriebgssystem. "Hier muss sich der Kunde nur noch um seine Anwendung kümmern", sagt Microsofts Vice President Brad Anderson. "Platform as a Service ist das langfristige Ziel der Entwicklung". Hier entscheidet sich auch, welcher Anbieter in Zukunft erfolgreich sein wird. In einer soeben veröffentlichten Studie spricht Ben Pring vom Marktforschungsinstitut Gartner vom "neuen Schlachtfeld im Wettbewerb". (dpa/tc)