IBMs AS/400 - ein Auslaufmodell?

23.11.2005
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Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

CW: In den vergangenen Jahren hat sich IBM von etlichen Hardwarebereichen getrennt, darunter das PC-Geschäft, Drucker und Festplatten. Zukäufe fanden fast ausschließlich im Software- und Servicesegment statt. Zeichnet sich damit nicht ein klarer Trend ab?

SHEARER: Unsere Geschäftsstrategie sieht vor, dass wir uns auf hochwertige Hardware-, Software- und Serviceprodukte konzentrieren. Unternehmensbereiche, die IBM verkauft hat, konnten sich im Wettbewerb nicht stark genug unterscheiden. Andere Bereiche, die einen hohen Differenzierungsgrad aufweisen, haben wir behalten und verstärkt.

CW: Trotzdem kommt IBMs Gewinn zum größten Teil aus den Software- und Servicebereichen.

SHEARER: Das muss man differenziert betrachten. Wir machen sehr viel Geschäft mit Datenbanken, weil wir diese gemeinsam mit Hardware verkaufen. Es gibt große Interdependenzen zwischen IBMs Produktlinien. Das ausgewogene Produktportfolio bietet für IBM langfristig das beste Geschäftsmodell.

"Der Lebenszyklus der AS/400 geht zu Ende"

Andreas Zilch, Vorstand beim Marktforschungs- und Beratungshaus Experton, mag die optimistische Einschätzung von IBM-Manager Shearer nicht teilen. "Es gibt keine Renaissance der AS/400, die installierte Basis schrumpft stetig", urteilt der Experte. Die Anzahl der in Deutschland installierten Systeme sei von rund 20 000 Ende der 90er Jahre auf unter 10 000 gesunken.

Andreas Zilch von der Experton Group hält die von IBM genannten Einsparpotenziale für "absoluten Quatsch".
Andreas Zilch von der Experton Group hält die von IBM genannten Einsparpotenziale für "absoluten Quatsch".

Auch das Argument der niedrigeren Verwaltungskosten für IBMs Midrange-Systeme sei zu relativieren: "Das klingt ja so, als hätte es in den letzten 15 Jahren kein System-Management auf anderen Plattformen gegeben." Die von Shearer genannten Einsparungen von 30 bis 70 Prozent beim Betrieb von Business-Anwendungen hält er nicht für realistisch. "Das ist - bis auf wenige Sonderfälle - absoluter Quatsch."

Dass I-Series-Server in Unternehmen als Konsolidierungsplattform dienen können, ist für Zilch ein "uraltes" Argument, das die abnehmende Marktbedeutung der Produkte schon in der Vergangenheit nicht verhindern konnte. Die "neuen" Möglichkeiten, etwa Linux-Anwendungen in logischen Partitionen (LPARs) auf den Maschinen zu betreiben, sollten Kunden kritisch hinterfragen. So koste das Einrichten und der Betrieb einer LPAR im Vergleich immer noch mehr als die Anschaffung eines dedizierten Intel-Servers.

Zilch: "Die AS/400 oder I-Series ist seit mittlerweile 20 Jahren ein IT-System, dass bei den Anwendern höchste Kundenzufriedenheit genießt und historisch zu den besten Server-Plattformen überhaupt zählen wird. Trotzdem müssen sich sowohl die Anwender, als auch IBM daran gewöhnen, dass der Lebenszyklus langsam zu Ende geht." (wh)