HP-Kunden zwischen den Plattformwelten

01.08.2002
Von Katharina Friedmann

Die Portierung von Tru-64-Anwendungen auf HP-UX erfolgt laut Döring über eine Neukompilierung der Applikationen. Ein Binärtranslator, wie ihn HP mit seinem „Aries“ als eine Option für die Übertragung von PA-Risc-basierenden Anwendungen auf die Itanium-Plattform anbietet, ist nicht vorgesehen. Dieser in Produktionsumgebungen nicht optimale Ansatz sei für das Gros der Tru-64-Kunden keine Alternative, begründet der HP-Programm-Manager.

Gartner-Analyst Butler hingegen hält den Portierungsaufwand spätestens im Falle einer gewünschten Nutzung der Cluster-Fähigkeiten von Tru 64 für erheblich. Allerdings seien hiervon im Regelfall nicht so sehr die Anwender als vielmehr die ISVs (Independent Software Vendors) betroffen. Im Umfeld des wissenschaftlichen und technischen Computing - Zielmärkte, die Compaq bislang erfolgreich mit Tru-64-basierenden Alpha-Systemen bedient habe - könne es jedoch auch Anwender treffen. „Den in diesem Bereichen tätigen Unternehmen, die in der Regel keine Standardapplikationen, sondern sehr anspruchsvolle Eigenentwicklungen betreiben, blüht eine Menge Migrationsarbeit“, so Butler. Nicht zuletzt aus diesem Grund sei zu erwarten, dass solche Kunden die nächsten Jahre bei der Tru-64-Alpha-Plattform bleiben.

ISV-Loyalität entscheidend

Entscheidend für einen sanften und damit erfolgreichen Übergang auf HP-UX ist nach Ansicht von Gartner die vorerst anhaltende Loyalität von Seiten der Softwareanbieter. „HP wird viel in ein entsprechendes Supportprogramm investieren müssen, damit die ISVs die Verfügbarkeit der Tru-64-Versionen ihrer Produkte für den angegebenen Zeitraum gewährleisten“, gibt Butler zu bedenken.

Als damit verbundenen Risikofaktor stuft der Experte die Tatsache ein, dass es ab sofort für die Softwareanbieter kaum nennenswertes Neugeschäft geben wird. Lediglich in stark Tru-64-geprägten Bereichen wie Billing-Systemen in der Telekommunikation bestehe mangels Alternativen nach wie vor Bedarf an rein Tru-64-gestützten Applikationen. „Jeder bislang Compaq-treue Softwareanbieter wird derzeit seine Strategie überdenken und sein Angebot dann entsprechend auf HP-UX, Solaris, AIX oder auch Windows verlagern“, vermutet Butler.

Die Tatsache, dass bereits rund 95 Prozent aller Tru-64-Anwendungen für HP-UX verfügbar sind, hält Bulter nur bedingt für beruhigend. Nachdem sich diese gleichzeitig auch mit den Plattformen der Konkurrenten Sun und IBM verstehen, bieten sich nach Ansicht des Spezialisten auch Tru-64-Anwendern Umstiegsmöglichkeiten auf die Betriebssysteme Solaris und AIX.