Gleichstellungsgesetz verunsichert IT-Branche

12.09.2006
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Uwe Kloos, Personalchef der Münchner Softlab AG, ist dabei, diskriminierungsrelevante Risikofelder aufzuspüren und einen "Schlachtplan" zu entwickeln. Er geht davon aus, dass Unternehmen ihre Absagen an Bewerber künftig klausuliert formulieren werden. Telefonisch werde man pauschal argumentieren, um kein Risiko einzugehen. "Das ist nicht im Interesse der Bewerber." Kloos weist auf einen zentralen Aspekt hin: Seit Jahren werden Bewerber von einer sich türmenden Ratgeberliteratur aufgefordert, selbstbewusst nach konkreten Gründen für eine Absage zu fragen. Wird das Gesetz aber wortgetreu ausgelegt, werden sie sich fernmündlich oder schriftlich mit inhaltsleeren Phrasen zufrieden geben müssen. Schon im Wortlaut der Stellenanzeigen dürften unkonkrete Formulierungen den Ton angeben. Konsequenz: Personaler sind auf einen Schlag mit deutlich mehr Bewerbungen konfrontiert und müssen einen Riesenaufwand betreiben, um die Spreu vom Weizen zu trennen.

Gleichbehandlung online lernen

"Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz", so der Titel des Web-Based-Training-Programms von Memoray, München, wendet sich in zwei Versionen an Arbeitgeber (Bearbeitungszeit: 60 Minuten) und Mitarbeiter (45 Minuten). Während Mitarbeiter sich Grundlagen erarbeiten und ihr Wissen durch einen Test zertifizieren lassen können, befähigt die Arbeitgeberversion Mitarbeiter aus Personalabteilung und Betriebsrat sowie Führungskräfte, Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Der Preis richtet sich nach Anzahl der Nutzer. Info: peter.schoener@memoray.de oder Telefon: 089/ 746 46-505.

Ausgeweitete Dokumentationspflicht

Hinzu kommt die Dokumentationspflicht, die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz einfordert. Juristen empfehlen, genau festzuhalten, welche Qualifikationen gefordert sind, welche Kompetenzen ein Bewerber mitbringt und warum die Entscheidung für eine bestimmte Person gefallen ist. "Ein Aufwand sondergleichen", sagt der Düsseldorfer Verleger Heinrich Sadler, der einen Newsletter für Personalverantwortliche herausgibt. "Personaler müssen jeden Kontakt dokumentieren und dürfen Unterlagen von abgelehnten Bewerbern nicht wie früher vernichten." Er erwartet sogar, dass Bewerbungsgespräche künftig vor Zeugen geführt werden, um bösen Überraschungen vorzubeugen.