Workplace Transformation

Gehen neue Arbeitswelten in Unternehmen an den Mitarbeitern vorbei?

03.02.2016
Die Lufthansa krempelt die Arbeitsplätze in ihrer Zentrale um. Rund 2000 Mitarbeiter haben künftig keinen festen Arbeitsplatz mehr. Die Erfahrungen in anderen Unternehmen sind zwiespältig.

Bei der Lufthansa gestaltet man derzeit die Firmenzentrale am Frankfurter Flughafen um. Für die Mitarbeiter heißt das: Sie verlieren ihre festen Arbeitsplätze und müssen sich künftig jeden Morgen aufs Neue einen freien Schreibtisch im gläsernen Lufthansa Aviation Center (LAC) suchen. Ähnliche Prozesse haben Beschäftigte bei Einheiten von BMW, der Deutschen Bank oder Siemens schon hinter sich - flexiblere Arbeitswelten, oder auch Workplace Transformation, liegt schließlich bereits seit Jahren im Trend.

Flexible Arbeitsabläufe gleich mehr Kreativität? Die von vielen Start-Ups vorgelebte Workplace Transformation erfasst immer mehr große Unternehmen. Doch ist der Wandel immer im Sinne der Mitarbeiter?
Flexible Arbeitsabläufe gleich mehr Kreativität? Die von vielen Start-Ups vorgelebte Workplace Transformation erfasst immer mehr große Unternehmen. Doch ist der Wandel immer im Sinne der Mitarbeiter?
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Dahinter steckt die von vielen Start-Ups vorgelebte Hoffnung, über flexiblere Arbeitsabläufe mehr Kreativität in den Köpfen zu wecken. Öde Schreibtischlandschaften mit darbenden Topfpflanzen sollen in vielen Betrieben der Vergangenheit angehören. Sie passen nicht in die digitale und kreative Bürowelt von morgen. "Büroarbeit wird hyperflexibel, multilokal, individuell und nachhaltig", sind die Experten vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation überzeugt und erarbeiten entsprechende Konzepte.

Workplace Transformation: Ein Erfahrungsbericht des ADAC

Einschlägige Erfahrungen mit diesem Thema hat der Automobilclub ADAC beim Bezug seiner neuen Zentrale in München vor rund vier Jahren gesammelt. Dort arbeiten mit insgesamt circa 2700 Leuten etwas mehr Beschäftigte als in der Lufthansa-Liegenschaft. Die Erfahrungen sind beim ADAC unter dem Strich zwar positiv, aber durchaus zwiespältig, wie Christopher Lill, verantwortlicher Leiter des Ressorts Betriebsorganisation beim ADAC, berichtet: "Das Thema ist sehr emotional. Manche Mitarbeiter hängen schon sehr an ihrem gewohnten Heimathafen. Diese Kollegen kriegt man nur schwer in Bewegung."

Widerstand sei vor allem von Mitarbeitern gekommen, die tagtäglich ähnliche Administrativaufgaben erledigen und immer im Haus sind. Auch wurden anfangs zu wenig Rückzugsmöglichkeiten bemängelt. Gute Erfahrungen habe man hingegen bei Projekten gemacht, bei denen Mitarbeiter sich in unterschiedlichen Zusammensetzungen je nach Bedarf zusammenfinden. Zunehmender Beliebtheit würde sich neben dem - nur in Absprache erwünschten - Arbeiten im Home Office auch die Verlagerung des Arbeitsplatzes in die Lobby, die Kantine oder (im Sommer) den Außenbereichen erfreuen.

Dennoch: Christopher Lill wünscht sich eine weitere Runde in diesem Veränderungsprozess. "Wir müssen die Mitarbeiter noch besser einbinden und ihre Meinung wirklich ernst nehmen." Ein großes Problem sei zudem, dass ein Einzel-Büro für manche Führungskräfte geradezu zum Statussymbol geworden sei. Natürlich müssten Geheimhaltung, Datenschutz und Repräsentationsverpflichtungen berücksichtigt werden, aber grundsätzlich gelte: "Das Konzept muss von oben vorgelebt werden. Ausnahmen schaffen Unmut."

Lufthansa: Mehr Flexibilität, geringere Kosten

Die neue Flexibilität birgt jedoch auch handfeste ökonomische Vorteile, was in bewegten Lufthansa-Zeiten willkommen sein dürfte. Da nie alle Mitarbeiter gleichzeitig im Job sind, ist im LAC nur noch für zwei von drei Angestellten auch ein Arbeitsplatz vorhanden - wodurch die Kosten erheblich nach unten geschraubt werden können. Beim ADAC sind zudem interne Arbeitsplatzwechsel deutlich einfacher und billiger geworden, denn Umzugskosten und umständliche Umbauarbeiten an Technik und Mobiliar entfallen.

Bei der Lufthansa behalten zumindest die Vorstände ihre eigenen Büros, zudem sind einzelnen Abteilungen noch bestimmte Gebäudebereiche vorbehalten. Aber dort sollen die Führungskräfte mit auf die Fläche, sagt ein Unternehmenssprecher. Außen vor bleiben hingegen die für den Betrieb wichtigen Funktionseinheiten, wie die jüngst neu eröffnete Verkehrszentrale. Und auch die Piloten sitzen weiterhin im Cockpit - auf zwei fest definierten, aber wechselnd besetzten Arbeitsplätzen. (dpa/fm)