Teil 3: Was erwarten die Nutzer?

Die digitale Revolution des Energiemarktes

16.06.2015
Von   
Mark Zimmermann leitet hauptberuflich das Center of Excellence (CoE mobile) zur mobilen Lösungsentwicklung bei der EnBW Energie Baden-Württemberg AG in Karlsruhe. Er weist mehrere Jahre Erfahrung in den Bereichen Mobile Sicherheit, Mobile Lösungserstellung, Digitalisierung und Wearables auf. Der Autor versteht es, seine Themen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln für unternehmensspezifische Herausforderungen darzustellen. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeiten ist er Autor zahlreicher Artikel in Fachmagazinen.

Vom intelligenten Zähler, über Smart Home zur Smart City

Die zentrale Steuerung von Energie-Erzeugung und -Verbrauch, basierend auf Informations- und Kommunikationstechnologie, wird bis 2030 immer mehr an Bedeutung gewinnen und ist schon heute zentraler Treiber der Digitalisierung des Energiesektors.

Die Verbreitung von Smart Homes nimmt in den kommenden Jahren weiter zu. Bereits 2025 werden sich Smart Homes als gehobener Lebensstandard etabliert haben. Rund drei Viertel der Deutschen sind dabei offen gegenüber Smart-Home-Lösungen, fehlende Standards und intransparenter/unklarer Mehrwert gelten jedoch als mögliche Verbreitungsbarrieren. Durch die aktuellen Bestrebungen einiger IT Konzerne, wie zum Beispiel Apple mit HomeKit, wird diese Barriere senken. Für Energieversorger ergibt sich dabei die Chance, vom reinen Energielieferanten zum umfassenden Serviceanbieter im Smart Home zu werden.

"Die Geschäftsmodelle der Energieversorger werden künftig in großem Ausmaß auf der Auswertung und Verarbeitung von Energiedaten beruhen", meint Eric Hirsch, Senior Information Systems Architect bei HP. "Durch Near-Time Analytics können beispielsweise Energieflüsse nahezu in Echtzeit optimiert werden. Fehlfunktionen in Anlagen und Geräten werden frühzeitig erkannt oder prognostiziert, bevor sie Probleme bereiten. Dabei spielen leistungsfähige, skalierbare und hochverfügbare Backends, Data Analytics und Data Management ebenso eine zentrale Rolle wie der Schutz dieser sensiblen Daten."

Bereits heute sind 10 Milliarden Geräte und Produkte digital verbunden. Bis 2020 wird diese Zahl nach aktuellen Prognosen auf über 50 Milliarden wachsen. Das auf diese Weise weltweit entstehende Sensorennetz, angefangen beim digitalen Stromzähler, den intelligenten Thermostaten in der Wohnung über die Sensoren der modernen Endgeräte wie Wearables oder Smartphones bis hin zu allgegenwärtigen Umwelt-Sensoren zur Schadstoffmessung am Straßenrand,birgt großes Potential.

Die bereits steigende Menge an Sensordaten aus Smart Metern und der M2M-Kommunikation ermöglichen eine zunehmende Lastverschiebung und, durch verlässlichere Netze, eine bessere Auslastung, die Realisierung von Kosteneinsparungen sowie die Mitigation von Risiken der Energiewende bei den Energieversorgern.

Datengenerierung und Datenmanagement

Data Warehouses werden heute meist auf einer relationalen Datenbank abgebildet. Dies stellt für die modernen Szenarien der Energiewende einen zunehmenden Engpass dar. In einer Stadt mit 200.000 Einwohnern, in der jeder Haushalteinen intelligenten Stromzähler besäße, der in regelmäßigen Intervallen verschlüsselte Nutzdaten sendet und per Fernwartung gewartet wird, würde alleine die dabei anfallende Datenmenge Kommunikationsnetze belasten und Systemlasten spürbar erhöhen.

Datenstrukturen und -mengen sowie die einhergehende Quellenvielfalt der verfügbaren Daten werden zunehmend unüberschaubar. Hinzu kommt, dass neue Datenquellen spontan entstehen, während alte Datenquellen unerwartet versiegen können. Gerade hier liegen die Stärken der skalierbaren NoSQL-Lösungen des Big Data Umfelds - die kostengünstige Speicherung und Auswertung der Sensor-, Internet- oder Log-Daten, RFID-, Text- und Netzwerkanalysen in Echtzeit.

Die IT hat hier die Aufgabe, intelligente Lösungen zu schaffen und Kompetenzen aufzubauen. Die Fähigkeit, Daten zu generieren, zu verändern, zu managen und zu interpretieren, wird künftig für Digitalexperten überlebenswichtig. Viele Unternehmen sind zwar technisch in der Lage, sich der Digitalisierung zu stellen. Meist liegt die Herausforderung in der Anpassung der eigenen Organisation mit der erforderlichen Geschwindigkeit. Unternehmen, die die Agilisierung des Unternehmens bereits vorantreiben, bringen sich in eine bessere Position, um sich den kommenden Herausforderungen stellen zu können. Durch den intelligente Einsatz von IoT-Technologien können sich Häuser und Städte zu Smart Homes, Smart Grids und Smart Cities verwandeln.

Deutschland gehört mit dem Vereinigten Königreich, Frankreich zu den führenden Investoren in intelligenten Stromnetz-Projekten. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Zunahme intermittierender Stromerzeugung erhöht sich der Bedarf an Flexibilisierung zunehmend weiter. Die Lastverschiebung leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.

Die Digitalisierung ist dabei Treiber und Fundament dieses Smart Grid. In einigen Jahren wird die gesamte Datenkommunikation vom Stromzähler bis zur dezentralen Erzeugung das IP-Protokoll nutzen. Die entsprechenden Basistechnologien sind bereits etabliert und manifestieren sich in den durch die Telekommunikationsdienstleistern angebotenen Services. EU-weit sollen bis 2020 - 170 bis 180 Millionen Smart Meter installiert werden. Auf Niederspannungsebene bringt der Einsatz neuer Technologien im Netzbereich ein nicht zu unterschätzendes Einsparpotential.

Zusatzdienste und Zukunftsszenarien

Neben der Kosteneinsparung für Land, Kommunen und Versorger bestehen auch Potenziale für neue Mehrwertdienste und intelligente Infrastrukturen in Städten. So kann in Städten durch intelligente Infrastruktur das Suchen von freien Parkplätzen erleichtert werden. Bei Gefahrensituationen reagiert das Straßenverkehrsnetz künftig durch intelligente Verkehrsumleitungen bei gleichzeitiger optimierter Steuerung der Noteinsatzkräfte. Daten mit den daraus ableitbaren Informationen entwickeln sich so zum neuen Rohstoff in der Energiewirtschaft .

Auch wenn bekannte Produkte in ihrer Form vordergründig bestehen bleiben, erhoffen ihre Hersteller, zusätzliche Dienste für neue digitale Dienste erheben beziehungsweise bereitstellen zu können. Die Unternehmen erwarten sich einen erheblichen Mehrwert aus diesen Daten für Produktentwicklung, -verbesserung und Vertriebsoptimierungen.

Digitales Leben - reale und virtuelle Welt - verschmelzen mehr und mehr. Gegenstände des Alltags werden zunehmend online verfügbar. Personalisierung wird integraler Bestandteil der künftigen Geschäftsmodelle, in denen die Kundenbedürfnisse und das Vertrauen des Kunden in die Dienstleistungen, Produkte und Marken enorm zunehmen und einen wichtigen Wettbewerbsfaktor darstellen werden.

Doch liegt hier auch ein hohes Gefahrenpotenzial, das sich in Form von Missbrauch und Fehlentwicklungen bereits andeutet. Im Umfeld von Institutionen wie NSA und Programmen wie PRISM kann sich die Marke "Made in Germany" als Wettbewerbsvorteil in Fragen der Sicherheit, der Gewährleistung des Datenschutzes und der Verlässlichkeit erweisen.