Corba - die graue Eminenz

05.12.2001
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Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Es ist still geworden um die Component Object Request Broker Architecture (Corba). Der Standard zur Verteilung und Kooperation objektorientierter Softwarebausteine gerät in der Diskussion um neue Techniken und Konzepte wie J2EE, .NET, XML und Web-Services fast in Vergessenheit. Doch Corba lebt.

Als die Mitglieder der Object Management Group (OMG) mit der Spezifizierung von Corba begannen, verfolgten sie eine Vision, die heute auch Befürwortern einer Web-Services-Architektur vorschwebt: Eine "offene" Infrastruktur, über die sich Anwendungen und Objekte gegenseitig finden und verständigen können - unabhängig von den verwendeten Programmiersprachen, Hardware, Betriebssystemen und Netzwerkprotokollen.

Erfolgsstory der 90er

Dieses Ziel hat Corba nach Ansicht seiner Verfechter erreicht, wenn sich auch der Plattformsupport mittlerweile wieder auf diverse Unix-Derivate und Windows konzentriert. Rund 800 OMG-Mitglieder, darunter IT-Hersteller wie Anwender, trieben die Spezifikationen bis Mitte der 90er Jahre so weit voran, dass sich Corba zeitweise zum bevorzugten objektorientierten Integrationsmechanismus für komplexe und oft unternehmenskritische Systemlandschaften mauserte. Schätzungsweise 50 unterschiedlich mächtige Implementierungen des Corba-Standards, so genannte Object Request Broker (ORB), sind heute erhältlich. Hierzu zählen kommerzielle Angebote von Iona, Borland, IBM oder Bea Systems sowie ORBs, die als Shareware oder Open Source verfügbar sind, darunter prominente Vertreter wie "Mico" oder "TAO", die bei MicrosoftMicrosoft oder Boeing im Einsatz sind. Mindestens 1000 Großunternehmen sowie zahlreiche Hersteller nutzen heute Corba.

Konkurrenz auf dem Vormarsch

Trotz dieses Erfolgs gerät Corba seit mindestens einem Jahr technologisch in die Defensive. Komponentenmodelle wie Enterprise Javabeans (EJB) der Java 2 Enterprise Edition (J2EE) und COM+/.NET konkurrieren mittlerweile um die Gunst von Systemarchitekten und Entwicklern. Mit dem Konzept der Web-Services und deren Favorisierung von XML und Web-Standards wie HTTP scheint es mit Corbas Vorreiterrolle als letzlich proprietären, weil nicht Web-basiertem und synchronem Kommunikationsstandard zwischen verteilten Anwendungen endgültig vorbei zu sein. Hinzu kommt, dass die Corba-Gemeinde nicht über entsprechende Marketing-Budgets und Benutzerscharen verfügt, um so massiv für sich zu werben wie die Konkurrenz.