Abschied von der Basisdemokratie

22.07.2004
Von Magdalena Schupelius

Im Bemühen um klare Strukturen folgen die jungen Firmen heute den Traditionsunternehmen. Mindmatics etwa hat ein Bewertungssystem für Mitarbeiter eingeführt. Die Hamburger Internet-Agentur Sinner Schrader entwickelte ein Feedback-System für ihre 135 Mitarbeiter. In Einzelgesprächen vereinbart der Vorgesetzte mit dem Mitarbeiter klare Ziele, deren Erreichung kontrolliert wird.

Eine der großen Herausforderungen bei dieser konservativen Wende besteht darin, Menschen zu finden, die bereit sind, die Neuerungen auch durchzusetzen. Laut Coach Eidenschink wollen sich Mitarbeiter nicht mit Entscheidungen identifizieren, denen sie nicht vollständig zustimmen. Noch geringer ist die Zahl derjenigen, die Beschlüsse offen gegen andere durchsetzen können. Also wird indirekt um die Zustimmung der Beschäftigten geworben. Mitarbeiterbefragungen und Workshops haben Hochkonjunktur; oft bleibt aber unklar, welchem Zweck sie dienen: Sind es Showveranstaltungen mit Motivationscharakter, oder geht es um Mitbestimmung und gemeinsame Strategiediskussion?

Bei Mindmatics entsendet jede Abteilung zwei Kollegen in ein Team, das Mitarbeiterveranstaltungen vorbereitet und organisiert. Das soll dafür sorgen, dass "die Ideen Einzelner besser gehört werden", so Personalfrau Brockel. Auch bei Sinner Schrader wird Mitbestimmung praktiziert. Das Unternehmen entwickelte auf Basis einer Mitarbeiterbefragung einen Leitfaden zur Unternehmenskultur. Als die Restrukturierung der Agentur anstand, konnten alle Angestellten in einem Online-Forum über die geplanten Veränderungen diskutieren.

Die Mitarbeitervertretung von Sinner Schrader hat laut Carsten Marquardt auch in Personalangelegenheiten ein Mitspracherecht. Allerdings verfügt sie im Unterschied zu einem Betriebsrat über keinerlei juristische Handhabe: "Wir wollen den Entscheidungsprozess transparent und nachvollziehbar machen", erklärt der Personalchef.

Ob sich Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen verbunden fühlen, hängt zu einem Gutteil von der erlebten Führungsqualität ab. Das ergab eine Studie des Marktforschungsinstituts TNS zum Zusammenhang von Führungsstil und Mitarbeitermotivation. Für einen Großteil der Befragten war die erlebte Führungsqualität das entscheidende Bindungselement. Sowohl die Manager, die einen reinen "Laissez-faire"-Stil praktizieren, als auch diejenigen, die autoritär führen, erreichen ihre Belegschaft schlecht. Am besten schneidet die Mischform ab. "Gute Manager zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Führungsstil ein Mix aus autoritärem und kumpelhaftem Verhalten ist", resümiert Studienleiterin Margit Huber. Diese Chefs sorgen laut TNS-Studie für den größten Beitrag zum Unternehmenserfolg. Mitarbeiter sind loyal, selten krank und arbeiten serviceorientiert.

Gerade in der dynamischen IT-Branche sind Führungskräfte in dieser Frage auf Learning-by-Doing angewiesen. "Wir müssen erreichen, dass Führungspersönlichkeiten nicht nur an Kennzahlen gemessen, sondern früh für den Umgang mit Menschen ausgebildet werden", sagt Unternehmerin Schaf. (am/iw)