Abschied von der Basisdemokratie

22.07.2004
Von Magdalena Schupelius
Pia Schaf: Unternehmen werden nicht demokratisch geführt."
Pia Schaf: Unternehmen werden nicht demokratisch geführt."

Dabei bleibt oft keine Zeit mehr, um auf die Vorstellungen einzelner Mitarbeiter einzugehen. "Das Regelwerk des Marktes hat inzwischen gegriffen", sagt Pia Schaf, Geschäftsführerin der Hamburger Agentur für Online-Kommunikation Comunit. So sind auf dem IT-Arbeitsmarkt inzwischen mehr Fachleute verfügbar, als es offene Stellen gibt. Vor dem Hintergrund rasanter technologischer Fortschritte und hoch differenzierter Käufermärkte können Unternehmen sich die einst hoch gepriesenen "flachen Hierarchien" und das "kreative Chaos" nicht mehr leisten. Die Unternehmenskultur der New Economy verfehle ihr Ziel, ergab denn auch eine gemeinsame Studie vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI), McKinsey und der Technischen Universität Berlin. Am schnellsten bekamen solche Firmen das zu spüren, die sehr stark wuchsen.

Workshops ähneln Showveranstaltungen

"In einem 50-Mann-Betrieb ist Face-to-face-Führungskultur einfach nicht mehr möglich", sagt Ralf Steinle, Projekt-Manager bei Connexx-av, dem Medien- und IT-Ableger der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Dessen Boom-Zeit begann mit dem Niedergang der New Economy. "Gut 100 Betriebsräte wurden da gegründet, manchmal zwei bis drei pro Woche", erinnert sich Steinle. Doch viele Unternehmen sind mitsamt Betriebsrat inzwischen vom Markt verschwunden. Die Zahl der Neugründungen von Betriebsräten habe sich mittlerweile "stark normalisiert". Offenbar setzen junge Firmen eher auf andere Modelle der Mitsprache.

Heute herrscht Konsens darüber, dass Firmen ohne eine klare hierarchische Struktur Schwierigkeiten bekommen. "Unternehmen werden nicht demokratisch, sondern lösungsorientiert geführt", sagt Geschäftsführerin Schaf. Auch Doris Brockel, Personal-Managerin des Mobile-Marketing-Anbieters Mindmatics, ist überzeugt: "Der Kreis der Entscheidungsträger muss klein bleiben." Inwieweit die Kompetenzen des Einzelnen formal festgelegt werden, hängt sehr von der jeweiligen Firma ab. Schaf plädiert für klare Regeln: "Ein starker Organisationsrahmen ist die Voraussetzung, um sich rein sachlich mit Projekten beschäftigen zu können." Mitarbeiter, die ihre Zuständigkeiten nicht kennen, seien unterschwellig mit Abgrenzungen beschäftigt, nicht aber mit der Sache.

In Unternehmen spielt die demokratische Entscheidungsfindung keine Rolle. Foto: BananaStock
In Unternehmen spielt die demokratische Entscheidungsfindung keine Rolle. Foto: BananaStock