Cisco Technikchefin Warrior

"Wir fahren keine Me-too-Strategie"

16.02.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Netzausrüster Cisco sieht die Rechenzentren als künftigen Markt. Mit Padmasree Warrior, Chief Technology Officer (CTO) von Cisco, diskutierte CW-Redakteur Jürgen Hill über die Strategie des Konzerns und sein künftiges Verhältnis zu HP und IBM.

CW: Frau Warrior, nach den Hype-Begriffen Unified Communications und Collaboration postuliert Cisco nun Unified Computing. Was ist das?

WARRIOR: Ja, wir sprechen seit kurzem über Unified Computing. Der Fokus liegt dabei auf dem Rechenzentrum und der Rolle, die Virtualisierung im RZ spielt. Bislang wurde primär über die Server-Virtualisierung gesprochen, deren Vorteil darin liegt, dass die Investitionskosten gesenkt werden. An der Herausforderung, separate Plattformen wie virtualisierte Server und Speichersysteme zu integrieren, hat sich für die IT-Abteilung wenig geändert. Ganz im Gegenteil, die Komplexität nahm eher zu, was unter dem Strich zu höheren Betriebskosten führte. Hinter unserer Vision des Unified Computing steht die Frage, wie können wir das komplette Rechenzentrum virtualisieren?

Dafür wollen wir eine komplette Architektur liefern. Das heißt also nicht, dass wir unbedingt ein Produkt entwickeln werden, um in einem bestehenden Legacy-Markt mit anderen zu konkurrieren. Die Virtualisierung ist die Basis für weitere Entwicklungen wie Cloud Computing und andere neue Technologien, die die IT-Industrie fundamental verändern werden.

CW: Das war eine sehr politische Antwort. Wann kommt der Cisco-Blade-Server konkret, über den in den USA spekuliert wird?

Padmasree Warrior: Produkte präsentieren wir im Lauf des Jahres.
Padmasree Warrior: Produkte präsentieren wir im Lauf des Jahres.
Foto: Cisco

WARRIOR: Wir haben noch keine Produkte angekündigt, und das werde ich jetzt auch nicht tun. Aber seien Sie versichert, dass wir neue Produkte entwickeln, die in Verbindung mit der Unified-Computing-Architektur stehen. Dabei fahren wir keine Me-too-Strategie, um dann in bereits bestehenden Märkten mit anderen zu konkurrieren. Unser Ziel ist die Zukunft - und diese wird aus einer integrierten Architektur bestehen.

CW: Werden wir zur CeBIT erste Produkte sehen?

WARRIOR: Lassen Sie es mich so formulieren: Cisco wird im Verlauf des neuen Jahres viele neue Produkte präsentieren. Die Strategie selbst ist nicht absolut neu. Mit dem Thema Virtualisierung befasst sich Cisco schon seit geraumer Zeit. So haben wir etwa mit dem Nexus 5000, der es Ihnen erlaubt, die Virtualisierung zu managen, bereits einen Grundpfeiler des Unified Computing vorgestellt. Viel wichtiger als einzelne Produkte sind die Lösungen, welche IT-Abteilungen suchen, um ihre Kosten zu reduzieren. Und da ist das Rechenzentrum mit Klimatisierung, Storage-Systemen oder Netzwerken noch immer der größte Posten auf der Rechnung. Wir wollen mit unseren Lösungen die Anwender unterstützen, diese Kosten zu senken.

CW: Sie betonen die Bedeutung der Virtualisierung. Überlebt das klassische Rechenzentrum, oder gehört die Zukunft Cloud-Propagandisten wie Amazon?

WARRIOR: Das Rechenzentrum wird bei der Virtualisierung eine zentrale Rolle spielen. Unsere RZ-Strategie ist eine sehr evolutionäre Strategie, da wir dem Anwender bei einer langsamen Migration helfen wollen. Wir sehen das Thema sehr pragmatisch. Wenn Sie die aktuellen Cloud-Computing-Angebote wie etwa von Amazon analysieren, dann stellen Sie schnell fest, dass es sich hier hauptsächlich um CaaS (Computer as a Service) handelt. Unsere Infrastruktur wird dagegen auf einem Servicemodell basieren. Dies bietet drei Vorteile: einen Application Layer, der im Prinzip "Software as a Service" ist (SaaS) und für Anwendungen wie Salesforce.com oder Cisco WebEx geeignet ist. Dann haben wir einen Middle Layer, der eine "Platform as a Service" (PaaS) ist. Dort finden Sie Applikationen wie googleapps. Der unterste Layer bildet die Infrastruktur beziehungsweise "Infrastructure as a Service" (IaaS). Hier würde ich Player wie Amazon einordnen. Unter diesen Layern liegt dann die eigentliche IT-Infrastruktur. Unsere Vision ist es, eine Infrastruktur für das Cloud Computing anzubieten. Ferner werden wir eigene Anwendungen als Software as a Service offerieren. Unsere bekannteste SaaS-Lösung ist heute sicher WebEx. Oder anders formuliert, Cisco wird sowohl auf den Layern mitspielen, die die Infrastruktur anbinden, als auch auf der Anwendungsebene.