Wie Microsoft sich neu erfindet

13.11.2001
Von 

Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

Risiken gibt es aber auch noch anderswo. Zum Beispiel im Geschäft mit Mobiltelefon- und Organizer-Betriebssystem "Stinger", wo sich Microsoft auf einen langen und kostspieligen Wettbewerb mit den in diesem Bereich führenden Anbietern Nokia und Psion eingelassen hat, und wo man neben dem inzwischen guten Standing im Handheld-Markt ("Pocket-PC") die letzte noch offene Endgeräteflanke schließen will. Ganz zu schweigen von dem seit Jahren andauernden Engagement bei Kabelfernseh- und TK-Gesellschaften, das Microsoft geraume Zeit beachtliche Beteiligungsgewinne einbrachte, nun aber von Quartal zu Quartal hohe Verlustabschreibungen nach sich zieht - allein 980 Millionen Dollar in der jüngsten Berichtsperiode.

"Teure Settop-Boxen" kommentierte ein Wallstreet-Insider unlängst die Tatsache, dass sich Microsoft - wie viele andere IT-Hersteller auch - trotz jahrelangem Rühren der Werbetrommel kräftig mit der Annahme die Finger verbrannt hat, das TV-Gerät werde sich im Consumer-Bereich als Zugangsgerät zum Internet durchsetzen. Und so könnte, bis zum Beweis des Gegenteils, womöglich auch für die neuen Aktivitäten der Gates-Company die vernichtende Prognose des Merrill-Lynch-Analysten Henry Blodget zutreffen, der im Februar dieses Jahres zur Begründung seiner Herabstufung der Microsoft-Aktie "kaufen" auf "akkumulieren" trocken zu bedenken gab: "Es ist unstrittig, dass Microsoft der Gewinner des PC-Zeitalters war. Aber es ist mindestens ebenso unwahrscheinlich, dass es ein Unternehmen ein zweites Mal schafft, nach einer technologischen Revolution erneut marktbeherrschend zu sein." (gh)

XP-Prognosen

Pünktlich zum Launch von Windows XP wartete auch Gartner mit einer Prognose zur weiteren Entwicklung des PC-Marktes auf. Demnach soll im kommenden Jahr vor allem bei privaten Konsumenten in Sachen XP-Verkäufe die Post abgehen. 87 Prozent aller Windows-Desktops werden laut Gartner mit der entsprechenden "Home"-Edition vorkonfiguriert sein, Windows "XP Professional" wird indes nur bei 16 Prozent aller Rechner zum Einsatz kommen. Der Grund, weswegen sich das neue Microsoft-Betriebssystem innerhalb der Unternehmens-DV zunächst nur zögerlich verbreiten wird, liegt auf der Hand und wurde bereits im Vorfeld des XP-Launches ausgiebig diskutiert. Viele Anwender haben erst vor kurzem auf die Windows-2000-Plattform migriert, vielerorts ist auch noch Windows 98 beziehungsweise NT im Einsatz. Zwingende Gründe für einen erneuten, schnellen Releasewechsel gibt es aus Sicht der Unternehmenskunden kaum. Im Gegenteil: 41

Prozent aller Windows-PCs, die 2002 an Unternehmen ausgeliefert werden, dürften der Gartner-Tochter Dataquest zufolge unter Windows 2000 laufen. Summa summarum sind die Prognosen von Gartner trotzdem etwas optimistischer als die Stimmen, die in unmittelbarer Folge der Terroranschläge an 11. September laut wurden. Analysten der Investmentbank Merill Lynch hatten seinerzeit dem ohnehin schon schwachen PC-Markt quasi einen Übergang in den freien Fall vorhergesagt. Windows XP werde den dramatischen Abwärtstrend in keiner Weise aufhalten können, hieß es. Auch Gartner/Dataquest blieb jetzt vom Grundsatz her pessimistisch und erwartet für das vierte Quartal einen Rückgang der weltweiten PC-Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent.