Wie Firmen Bewerbern auf den Zahn fühlen

26.08.2004
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Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Assessment-Center waren in der Vergangenheit ein Phänomen von Großunternehmen mit entsprechend hohem Personalbedarf. Inzwischen sind sie in abgespeckter Form auch in mittelständischen Firmen üblich. Die Erlanger 3Soft GmbH zum Beispiel testet die Bewerber in einem vierstündigen Prozess. Dazu gehören kleinere Programmieraufgaben oder für berufserfahrene Kandidaten auch Lösungsvorschläge für aktuelle Probleme, die das auf Embedded-Systeme spezialisierte Software- und Beratungshaus selbst noch nicht behoben hat.

Dass sich der harte Auswahlprozess von 3Soft herumgesprochen hat, mitunter auch manchen Bewerber abschreckt, stört Personalchefin Diederichs nicht: "Wir brauchen Entwickler, die sich von ihrer technischen Begeisterung so schnell nicht abbringen lassen. Schließlich fordern unsere Kunden aus der Automobilindustrie eine hohe Qualität ein." Softwareingenieure, die mit Kunden und auch Zulieferern sprechen können, sind darum besonders begehrt. Neben der Kommunikationsfähigkeit sollten sie deshalb auch die Bereitschaft mitbringen, zu Kundenterminen mit Anzug und Krawatte zu erscheinen.

Bewerber mit Biss gefragt

Beim Nürnberger Systemintegrator 100 World AG ist die Personalauswahl Chefsache. Vorstandsmitglied Valerio Casanova prüft die von der Personalabteilung ausgewählten Bewerbungen persönlich in einem Fünf-Minuten-Check, bevor er seinen Chefentwickler beauftragt, die technischen Kenntnisse des Kandidaten in einem halbstündigen Telefoninterview auszuloten. Die weiteren Vorstellungsgespräche bestreiten dann zwei erfahrene Entwickler und ein Projekt-Manager sowie schließlich ein Vorstandsmitglied. Bis zu fünf Interviews können zusammenkommen; ein hoher Zeitaufwand auch hier, der laut Casanova für beide Seiten Vorteile hat: "Die Bewerber werden zwar genau geprüft, fühlen sich aber ernst genommen und haben hinterher auch ein besseres Gefühl, ob sie zu uns passen. Das gilt natürlich auch für uns."

Bei Entwicklern achtet der Manager eher auf eine fundierte Erfahrung im Bereich Java/J2EE als auf Noten, die bei Bewerbern für den Bereich Consulting und Projekt-Management mehr Gewicht haben. So hat Casanova die Erfahrung gemacht, dass Bewerber mit guten Zensuren disziplinierter, aber gleichzeitig flexibler einsetzbar sind. Sie können seiner Ansicht nach unterschiedlichste Aufgaben übernehmen.