Web 2.0 im Unternehmen

Virtuelle Teamarbeit setzt sich durch

31.01.2011
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

"Cloud-Kritik ist Quatsch"

Die Cloud-Computing-Kritik anderer Anwender kann der Synaxon-Chef, der allerdings auch nicht in der Rüstungsindustrie unterwegs ist, nicht nachvollziehen: "Das ist Quatsch. Wie kommen die bloß immer auf die Idee, die Daten seien bei ihnen sicherer als bei Google oder anderen Dienstleistern?" Synaxon habe alle rechtlichen Aspekte prüfen lassen und sei zu dem Schluss gelangt, dass Cloud-Anwendungen im Enterprise auch in Deutschland möglich seien, so Roebers. Synaxon hoste sein Wiki wegen des niedrigen Ressourcenverbrauchs zwar intern, habe seine übrige Collaboration-Infrastruktur aber erst kürzlich von IBM Lotus Notes auf Google Apps in die Cloud übertragen.

Aber was ist mit Betriebsgeheimnissen, die viele Konzerne und Mittelständler niemals in den Rechenzentren von Cloud-Anbietern sehen wollen? "Ich habe meine Zweifel, ob diese Einstellung wirklich etwas nützt", sagt Roebers. Sobald etwas digital vorliege, lasse es sich de facto nicht mehr schützen. Bis auf die gesetzlich untersagte Veröffentlichung bestimmter Inhalte, wie beispielsweise personenbezogener Daten, sei die Synaxon AG dazu übergegangen, einen entscheidenden Grundsatz, der in den meisten Unternehmen vorherrsche, ins Gegenteil zu verkehren: "Bei uns ist alles öffentlich und total transparent - nur im Einzelfall wird entschieden, etwas geheim zu halten", lässt Roebers wissen. Damit steht sein Unternehmen zwar noch ziemlich alleine da, scheint für die digitale Zukunft aber besser gerüstet als andere.

"Ein gewisses Vertrauen muss da sein"

Wie bekomme ich die Web-2.0-Werkzeuge aber nun in das Unternehmen hinein? Über diese Fragestellung hat die COMPUTERWOCHE mit Reiner Gratzfeld, Senior Manager IT-Architektur und Leiter des Competence Center Collaboration & Webservices bei der Henkel KGaA in Düsseldorf, gesprochen:

CW: Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen schaffen, damit sich kollaborative Web-2.0-Technologien wie Wikis und Blogs durchsetzen?

GRATZFELD: Das Wichtigste ist ein offenes Unternehmensklima, in dem sich die Mitarbeiter auch trauen, solche Plattformen zu nutzen. Darüber hinaus müssen die Firmen erkennen, wo die E-Mail ihre Grenzen hat und welche Aufgaben man mit ihr nicht mehr lösen kann. Das gilt insbesondere für große und dezentral organisierte Unternehmen. Firmen mit über 50.000 Mitarbeitern wie Henkel haben in fast jedem Land der Welt Mitarbeiter. Natürlich weiß ich nicht, welcher Kollege in Brasilien oder Peru gerade an welchem Problem arbeitet - gerade da helfen Web-2.0-Tools enorm. Bei Mittelständlern, wo jeder jeden kennt, ist das etwas ganz anderes. Dritter Punkt ist die einfache Benutzbarkeit der Techniken - nur was simpel zu bedienen ist, kann sich auch durchsetzen.

CW: Welche Probleme können noch entstehen?

GRATZFELD: Natürlich gibt es Bedenken gegen Web-2.0-Tools, was die Datensicherheit angeht. Darüber muss in den Unternehmen geredet werden - auch darüber, dass die Software nicht dazu dient, das Wissen der Mitarbeiter digital vorrätig zu halten, um die Angestellten überflüssig zu machen und Arbeitsplätze abzubauen. Ein gewisses Vertrauen muss also da sein. Wenn sich ein Unternehmen dagegen in Restrukturierungsmaßnahmen befindet und an vielen Stellen Personal abbaut, wird es keine neuen Collaboration-Werkzeuge einführen können. Dann ist das Misstrauen unter den Mitarbeitern so groß, dass sich niemand auf diese Tools einlassen wird.

CW: Welche Werkzeuge sind fürs Enterprise-Umfeld geeignet?

GRATZFELD: Ich glaube, dass es für alle gebräuchlichen Web-2.0-Werkzeuge Anwendungsbereiche gibt. Wir müssen dahin kommen, dass Unternehmen Werkzeuge einsetzen, die gleich mehrere Kommunikationsformen ermöglichen - also nicht nur ein Wiki oder ein Blog. So führt mich eine Suchanfrage beispielsweise zu einem interessanten Beitrag auf einem Blog, über dessen Profilseite ich gleich auch verschiedene Wiki-Einträge desselben Autors finde. Es hat aber keinen Sinn, Blogs oder Wikis en passant einzuführen. Jedes Unternehmen muss selbst entscheiden, welche Werkzeuge für sich und seine Mitarbeiter sinnvoll sind. Ganz wichtig ist eine klare Linie, wie Social Services bereitgestellt und genutzt werden sollen.