Stolorz: „Wir stehen vor einem riesigen Monopoly“

15.01.2002

Stolorz: Über die Fehler, die am Neuen Markt von allen Beteiligten gemacht wurden, ist in den vergangenen Monaten schon alles gesagt und geschrieben worden. Die deutsche Wirtschaft braucht den Neuen Markt – allerdings auch mehr Substanz bei den Börsenkandidaten. Wir selbst haben vier bis fünf Unternehmen in der Pipeline, die möglicherweise börsenreif sind. Das sind aber nicht irgendwelche Highflyer aus der Internet-Branche, sondern stabile Kandidaten. Ich denke schon, dass man in Zukunft deutlicher Unterschiede machen wird zwischen beispielsweise einem seit 20 Jahren etablierten mittelständischen Automobilzulieferer oder einem Softwarehaus, das die Menschheit mit einer Einkaufslösung fürs Internet beglücken will.

Thesen von Christian Stolorz zur Zukunft der IT-Branche in Deutschland: „Es ist eine Rückbesinnung auf das klassische IT-Geschäft zu erwarten. Gefragt sind vor allem Kontinuität sowie die Integration neuer Technologien zur weiteren Produktivitätserhöhung und Realisierung innovativer Geschäftsmodelle mit nachweisbaren Vorteilen für das Kerngeschäft des Kunden. Allerdings wird es dabei mehr denn je zum Einsatz von Standardsoftware kommen. Bestes Beispiel sind die Banken, die es jahrelang mit aufwändigen Individuallösungen versucht haben: Letzten Endes ist es aber egal, ob Sie am Schalter etwas mit dem blauen Balken im Logo oder unter dem grünen Band der Sympathie verkaufen – die Prozesse im Back Office sind identisch.“ „Mittelständische Unternehmen werden als Basis der deutschen Wirtschaft wieder ins Bewusstsein rücken. Ihre seriöse Unternehmensführung ist in vielerlei Hinsicht vorbildlich: dezentrale Organisation, Kundenorientierung, Innovationskraft, Markenbildung, schnelles Reaktionsvermögen. Auch die deutsche IT-Branche zeichnet sich durch ein breites Spektrum kleinerer und mittlerer Anbieter aus, die allerdings durch Vernetzung und Börsennotierung ihre Wachstumspotenziale besser realisieren müssen.“ „Die IT hat nichts an Innovationskraft eingebüßt und gehört weiterhin zu den Zukunftstechnologien, die unsere Wirtschaft antreiben. Daran ändert auch die derzeitige Branchenkrise nichts. Auch die Automobilindustrie ist schon mehrmals und bis dato ohne Erfolg totgesagt worden. Allerdings müssen sich die IT-Anbieter und -Dienstleister einer differenzierteren Betrachtung stellen. Die Zeiten, wo man all ihre Versprechungen für bare Münze genommen hat, sind vorbei.“ Diversifizierung: Die Risikostreuung unter den Gold-Zack-Beteiligungen scheint mit einer nicht zu starken Akzentuierung von Technologiefirmen zu stimmen.