Stolorz: „Wir stehen vor einem riesigen Monopoly“

15.01.2002
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mehr als zehn Jahre war Christian Stolorz für die Entwicklung und strategische Ausrichtung des IT-Dienstleisters CSC Ploenzke AG mitverantwortlich. Nun versucht sich der gelernte Banker als Vorstandsvorsitzender der Gold-Zack AG im Finanzierungsgeschäft. Mit Stolorz unterhielt sich CW-Redakteur Gerhard Holzwart über wesentliche Zukunftsaspekte der IT-Branche.

CW: Als Sie vor genau einem Jahr Ihren Wechsel von der CSC Ploenzke AG zur Gold-Zack AG bekannt gaben, waren viele Branchenkenner überrascht. Was hat Sie seinerzeit veranlasst, einem renommierten Dienstleistungs- und Beratungshaus den Rücken zu kehren und eine neue Aufgabe bei einem mittelständischen Emissionshaus zu übernehmen, das noch dazu mit einer Serie von Pleiten, Pech und Pannen in den Schlagzeilen war?

Stolorz: Was meine persönlichen Motive angeht, ist die Antwort einfach: Ich sah in diesem Schritt noch einmal eine große Herausforderung. Der Wechsel war auch nicht, wie vielfach interpretiert wurde, ein Bruch in meiner Biografie. Schließlich habe ich meine Wurzeln im Bank- beziehungsweise Investmentgeschäft, und bei einem Technologie-orientierten Investmenthaus wie Gold-Zack lässt sich dies mit der IT- und Projekterfahrung, die ich bei CSC Ploenzke gewinnen konnte, gut verbinden.

Entscheidend ist aber etwas anderes: Auch auf die Gefahr hin, dass ich missverstanden werden könnte, behaupte ich, dass der Höhenflug der IT bis auf weiteres beendet ist – jedenfalls was die ganz großen Themen angeht. Ich sage damit nicht, dass wir nach der derzeitigen Branchenflaute keine ordentlichen Wachstumsraten mehr haben werden, aber ich sehe das kommende Jahrzehnt eher als einen Abschnitt der Konsolidierung.

Die Phase der Hypes ist vorüber. Die IT, das Internet haben Wirtschaft und Gesellschaft weitgehend durchdrungen. Viel spannender wird die Frage sein, wie in Zukunft – gerade auch in der IT-Branche – weiteres Wachstum finanziert werden kann. Erst recht, nachdem auch an der Börse aus gutem Grund die Luft raus ist.

CW: Das Hohelied, das Sie auf das Beteiligungsgeschäft singen, müssen Sie uns angesichts der von Ihnen eben selbst angesprochenen Tristesse an den Aktienmärkten noch etwas begründen.

Stolorz: Zunächst ist schon einmal der Ausdruck Beteiligungsgeschäft falsch. Natürlich ist derzeit der Königsweg des Börsengangs in den meisten Fällen verbaut; am Neuen Markt und anderswo winken keine Lotteriegewinne mehr. Das kann aber doch nicht bedeuten, dass wir jetzt alle die Hände in den Schoß legen und auf wieder bessere Stimmung bei den Anlegern warten. Volks- und betriebswirtschaftlich stellt sich die Frage der Unternehmensfinanzierung mehr denn je. Erst recht, nachdem es in Folge der Basel-II-Beschlüsse nicht mehr ausreichendes Fremdkapital für mittelständische Firmen gibt.

Wir werden deshalb in Zukunft neben dem viel zitierten Exit des Börsengangs und dem späteren Verkauf von Firmenanteilen über eine ganze Palette weiterer Finanzierungsformen reden, von stillen Beteiligungen, Privat Equity Fonds bis hin zu Management-Buyouts. Hinzu kommt als geradezu historische Stunde, dass Beteiligungsverkäufe für Unternehmen seit Jahresbeginn steuerfrei sind. Dies dürfte zu einem Monopoly-Spiel führen, wie es die deutsche Wirtschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr erlebt hat. Insofern denke ich in der Tat, dass die Aussage, dem Investmentbanking ständen spannende Zeiten bevor, nicht ganz unbegründet ist.

CW: Es begründet zumindest den von Ihnen forcierten Wandel der Gold-Zack AG vom Emissionshaus zur Investmentgruppe. Bevor wir darauf im Detail eingehen, dürften die Leser vermutlich aber noch mehr die weiteren Gründe für Ihr Ausscheiden bei CSC Ploenzke interessieren. Schließlich haben Sie bei früherer Gelegenheit selbst gesagt, die eben skizzierten neuen Herausforderungen bei Gold-Zack hätten nur zu 95 Prozent zu Ihrer Entscheidung beigetragen. Die übrigen fünf Prozent haben es aber auch in sich – jedenfalls ist darüber viel spekuliert worden.

Stolorz: Es ist richtig, dass ich aus meiner Kritik an gewissen Entwicklungen bei CSC Ploenzke keinen Hehl gemacht habe. Ich kann mich da auch nur weitgehend wiederholen. Es gab einen, wenn Sie so wollen, schwelenden Konflikt mit dem Management der US-Mutter über die strategische Ausrichtung. Natürlich haben wir auch Fehler gemacht, aber es mangelte aus unserer Sicht einfach an einem Gespür der Amerikaner für den weitaus differenzierteren IT-Markt in Europa. Als es dann in einigen anderen Landesgesellschaften zu Schwierigkeiten kam, wurde eben typisch amerikanisch reagiert: Man hat alle und alles über einen Kamm geschoren, nivelliert und zentralisiert, anstatt die erfolgreichen Units weiter an der lange Leine laufen zu lassen und sie in ihrer dezentralen Ausrichtung zu stärken.