Risikokapital wörtlich genommen - Ein Erfahrungsbericht

24.01.2002

Zunächst schien alles reibungslos zu verlaufen. Im Juni 2000 startete WWL dann plötzlich eine offensichtliche Verzögerungstaktik, indem immer wieder Gespräche verschoben wurden und Konditionen nachverhandelt werden sollten. Parallel ging der Kurs der WWL-Aktie auf Tauchfahrt und fiel von zeitweise über 60 Euro auf rund 5 Euro. Als Konsequenz für uns erteilte mir der damalige Vorstandsvorsitzende Lindenberg telefonisch eine Absage: Die WWL könne aufgrund der geänderten Lage am Markt das Investment nicht vornehmen.

Überraschenderweise fand sich schnell Ersatz: Knud Klingler, WWL-Aufsichtsratsmitglied und hundertprozentiger Eigner der niederländischen VC-Gesellschaft Syncotech Invest B.V., teilte uns mit, er würde sehr gerne als Investor einspringen. Gegen eine 30-prozentige Beteiligung am Unternehmens wollte Klingler über seine VC Tochter insgesamt 1,75 Millionen Mark in Kryptografics investieren, einen ebenso hohen Betrag sollten jeweils die Bayernkapital und tbg beisteuern. Die beiden Kapitalgesellschaften treten stets nur als Co-Investoren auf, es ist also ein Leadinvestor notwendig. Außerdem beteiligen sich beide nur still, das heißt, das eingesetzte Kapital wird lediglich verzinst, Gesellschaftsanteile sind aber nicht abzugeben. Wird im Dreiergespann investiert, also Leadinvestor plus tbg und Bayernkapital, beteiligen sich beide jedoch nur, wenn sich auch der jeweils andere mitmacht.

Bei beiden Organisationen stellten wir nach Abschluss der Detailverhandlungen mit Herrn Klingler im Oktober 2000 einen Finanzierungsantrag. Neben einer Präsentation vor Ort ist dazu umfangreiches Material etwa ein Business-Plan, ein Gutachten oder die Darlegung der Gesellschafterstrukturen vorzuweisen. Am 15. Dezember 2000 teilte uns die tbg mit, dass sie sich positiv entschieden habe. Jetzt fehlte nur noch die Entscheidung der Bayernkapital. Diesbezüglich waren wir aber zuversichtlich, da diese nach Aussage von Herrn Klingler, der über gute Kontakte zu den beiden Geschäftsführern verfügt, eigentlich nie negativ entscheidet, wenn die tbg schon eine Zusage gegeben hat. Außerdem säßen Vertreter beider Organisationen gegenseitig in den jeweiligen Entscheidungsgremien.

In dieser Auffassung wurden wir auch bei unseren Gesprächen und Präsentationen von der Bayernkapital bekräftigt. Stets versicherte man uns, dass einer positiven Entscheidung des Gremiums eigentlich nichts im Wege stehen würde. Mit inzwischen 18 Mitarbeitern waren wir natürlich an einer möglichst schnellen Entscheidung der Bayernkapital interessiert, außerdem neigte sich unser Startkapital langsam dem Ende zu.

Wir wurden jedoch von der Bayernkapital zunächst auf Januar 2001, dann auf Februar vertröstet, schließlich verging Monat um Monat, ohne dass sich etwas tat. Bei uns wurden inzwischen die liquiden Mittel so knapp, dass uns Herr Klingler im Mai ein Darlehen über 100 000 Mark gab, auch die tbg sicherte uns sofort einen entsprechenden Überbrückungskredit zu. wischenzeitlich hatten wir bereits die Verträge über die Syncotech-Beteiligung an Kryptografics unterzeichnet. Diese beinhalteten jedoch eine Unwirksamkeitsklausel bis sich die Bayernkapital positiv über das Investment entscheidet.

Bayernkapital lehnt Finanzierung ab

Am 06. Juli 2001, mehr als ein halbes Jahr nach der tbg, traf die Bayernkapital eine Entscheidung und informierte mich telefonisch darüber, dass das Investment abgelehnt werde. Begründet wurde dies mit dem Zweifel der Patentierbarkeit unseres Systems. Ich möchte zu diesem Argument nur kurz erwähnen, dass wir kurz zuvor einen Anhörungstermin beim Patentamt München hatten. Dabei räumte uns der Sachbearbeiter überaus günstige Chancen für eine Patenterteilung ein.