Risikokapital wörtlich genommen - Ein Erfahrungsbericht

24.01.2002
Bei den Venture-Capital-Gesellschaften sitzen die Fördermittel derzeit alles andere als locker. Viele von ihnen haben in der Vergangenheit bei ihren Investments zu oft daneben gegriffen und sind jetzt in ihrer Existenz bedroht. Die Konsequenzen des Einbruchs der VC-Branche musste der Kryptografics-Gesellschafter Andreas Holzhauer am eigenen Leib erfahren. Hier sein Erfahrungsbericht.

Während meines BWL-Studiums wurden ein Bekannter und ich auf die neueste Entwicklung eines kleinen IT-Unternehmens aus Nürnberg aufmerksam: Ein Highend-Datenverschlüsselungssystem auf VPN-Basis, das den sogenannten One-Time-Pad-Algorithmus implementiert hat. Dieser gilt als der perfekte Verschlüsselungsalgorithmus, da er mathematisch beweisbar niemals angegriffen, sprich geknackt werden kann, völlig unabhängig von der zukünftigen technologischen Entwicklung.

Erste Finanzierung und Gründung

Kryptografics-Gesellschafter Andreas Holzhauer
Kryptografics-Gesellschafter Andreas Holzhauer

Mein damaliger Partner und ich schlugen dem Netzwerkunternehmen die Ausgliederung des Systems in eine neue Tochtergesellschaft vor. An dieser wollten wir selber aktiv mitwirken und uns beteiligen. Ein von uns aufgestellter Business-Plan ergab für die Startphase von einem oder zwei Jahre einen Finanzierungsbedarf von zirka einer Million Mark. Danach sollte für das weitere Wachstum Venture-Capital beschafft werden. Nach langen Gesprächen mit meinen Eltern waren diese bereit, mich mit 250 000 Mark dabei zu unterstützen - mit ihrem Haus als Bankbürgschaft. Dieselbe Summe brachte auch mein Partner ein, außerdem gelang es uns, zwei weitere Investoren zu gewinnen, die insgesamt weitere 400 000 Mark beisteuerten. So wurde am 06. März 2000 die Kryptografics GmbH in Nürnberg gegründet. Neben dem Netzwerkunternehmen als Hauptgesellschafterin wurden alle anderen Investoren entsprechend ihrer Beteiligungssumme an der Firma beteiligt.

Erste Erfolge, erste Berater

Bereits im Vorfeld der Gründung feierten wir erste kleinere Erfolge. So wurden wir beim Business-Plan-Wettbewerb Nordbayern prämiert und bei einem Hochschulgründerwettbewerb ausgezeichnet. Bei entsprechenden Veranstaltungen waren wir stets von Personen umlagert, die sich unserer Geschicke annehmen wollten, vor allem Vertreter von Beratungs- und Steuerkanzleien sowie natürlich von VC-Gesellschaften. Besonders angetan hatte es uns der Senior-Chef einer Nürnberger Wirtschaftsprüfer-Kanzlei. Er versprach, uns umfassend zu beraten und bei der Suche nach Venture-Capital zu unterstützen. So kam es, dass wir ab der Gründung sämtliche Angelegenheiten wie Buchführung und Rechtsberatung bei ihm im Hause erledigen ließen - gegen entsprechende Honorare versteht sich.

Im April 2000 stellte er uns Prof. Thielmann, Leiter des GMD-Instituts für Sichere Telekooperation (SIT) der GMD - Forschungszentrum Informationstechnik GmbH in Darmstadt und ehemaliger Leiter der PKI von Philipps, vor. Natürlich waren wir natürlich stark beeindruckt und wähnten uns in den richtigen Händen.

Die beiden Herren schlugen vor, für uns als Business Angels tätig zu werden. Die Konditionen für die Betreuung: Eine sechsprozentige Beteiligung und für jeden anfallenden Beratertag eine Vergütung in Höhe von 4.000 Mark. Dabei planten sie mit zirka zwei bis drei Manntagen je Monat. Wir entschlossen uns, dieses großzügige Angebot abzulehnen und suchten als Konsequenz auch für alle sonstigen Angelegenheiten eine andere Kanzlei.

Eine VC-Gesellschaft zeigt Interesse

Parallel zu diesen Geschehnissen wurde die WWL Internet AG aus Nürnberg auf uns aufmerksam. Das Unternehmen war damals schon am aufstrebenden Neuen Markt notiert und schmiedete große Pläne für die Zukunft. Unter anderem wollte sich die Firma auch an Startups beteiligen. Im Mai 2000 einigten wir uns mit den WWL-Gründern Andreas Lindenberg und Christian Winkler relativ zügig: Die WWL wollte sich als Leadinvestor mit einer Million Mark beteiligen, darüber hinaus sollten noch die tbg und die Bayernkapital mit ins Boot genommen werden.