Kinder und zwei Karrieren

Organisation ist alles

13.08.2008
Von Anja Dilk und Heike Littger

Ohne Flexibilität klappt's nicht

Ohne große Flexibilität im Job wäre der doppelte Spagat zwischen Job und Kindern kaum möglich gewesen. Krankheit, Kindergeburtstag, ein unverhoffter wichtiger Termin - in solchen Situationen geht es nur mit einem engmaschigen Netzwerk und Mut zur Offenheit gegenüber Firma und Kunden. "Wenn man offen mit Kinderterminen umgeht, ist die Akzeptanz erstaunlich groß", so Oßendorf-Will, die sich ihre Arbeitsplätze auch danach ausgesucht hat, wie es dort mit Themen wie Flexibilität, Vereinbarkeit von Beruf und Familie stand. Als ihr alter Arbeitgeber nach ihrer Rückkehr aus der ersten Schwangerschaft seine Zusage über 80 Prozent Teilzeit zurückzog, wechselte die Personalerin kurzerhand das Unternehmen.

Mittlerweile ist die 45-Jährige in einer Position, in der sie selbst den Rahmen für ihre Mitarbeiter stecken kann. Und das tut sie. Es gibt einen Strauß an Teilzeitmodellen. Wenn ein Schultermin oder Arztbesuch ansteht, können Eltern später kommen oder von zu Hause arbeiten. Allein steht sie mit so einer Politik nicht mehr: "In der IT-Branche ist die Bereitschaft zur Flexibilität erheblich gewachsen."

Bereut hat Oßendorf-Will ihren Weg nie. Nach ihrem Umzug nach München hat ihr Mann sich eine Weile ganz um die Kinder gekümmert, jetzt startet er als Personaltrainer durch. Die Kinder sind elf und 14. Die Eltern können sie entspannt drei, vier Stunden alleine lassen. Das schlechte Gewissen, das Oßendorf-Will lange Zeit verfolgte, haben ihr die Jungs genommen: "Lieber verbringen wir wenige tolle Zeiten mit euch, als im Alltag nebenherzulaufen, wie das bei vielen unserer Freunde üblich ist." Ein schönes Gefühl. Ein wichtiges zumal. Denn Birgit Oßendorf-Will weiß: "Nur wenn privat die Situation stabil ist, ist man auch gut im Job."

Astrid Elbe, Director Developement & Site Management Infineon

Astrid Elbe kommt ursprünglich aus Ost-Berlin. Für sie ist es normal, dass Frauen kurz nach der Geburt eines Kindes wieder arbeiten und die Männer mit anpacken. "Ich verstehe schon", so die Entwicklungs-Managerin bei Infineon, "dass es Müttern und Vätern schwerfallen kann, ihr Kind einer Tagesmutter zu übergeben. Aber was ist mit den eigenen Interessen? Ich wollte meine nicht aufgeben. Ich wollte immer beides: Kinder und Karriere. Mein Mann auch."

Gerade in Bayern spürt die promovierte Physikerin die andere Mentalität. Berufstätige Frauen haben, selbst wenn sie nur Teilzeit arbeiten, häufig ein schlechtes Gewissen, und die Infrastruktur ist schwach. "Die meisten Krippen nehmen Kinder erst ab sechs Monaten und haben, wenn man denn einen Platz bekommt, nur bis 17 Uhr offen."

Für sie und ihren Mann, Leiter der Steuerabteilung bei Nokia Siemens Networks, war klar: Davon lassen wir uns nicht entmutigen. Wir schaffen uns unser eigenes Modell. Der Familienservice hat ihnen eine Tagesmutter ganz in der Nähe des Chipherstellers vermittelt. "Dort waren unsere beiden Jungs von acht bis 18 Uhr, wenn es sein musste, auch mal länger." Mittlerweile toben sie im unternehmenseigenen Kindergarten. "Das ist natürlich eine unglaubliche Erleichterung, ich verliere beim Hinbringen und Abholen kaum Zeit und kann sofort zur Stelle sein, wenn etwas sein sollte."

Elbe klopft auf Holz: Bislang ist das noch nicht vorgekommen. "Meine Kinder sind quasi immer gesund und sehr stabil." Für die 36-Jährige eine Grundvoraussetzung, dass es so rund läuft. Auch dass ihr Mann, Ralf Dietzel, sie voll und ganz unterstützt.