Offshore kündigt einen Strukturwandel an

09.10.2003
Von Peter Dück

Bei dieser neuen Bewegung, die sich gewissermaßen als die zweiten Offshore-Welle darstellt, handelt es sich aber nicht nur um ein Abwandern von Arbeit in Billiglohnländer. Die Anbieter folgen konsequent der Überlegung, IT-Arbeit dorthin zu verlagern, wo sie bei einem Vollkostenansatz am günstigsten erledigt werden kann. Dabei müssen auch unterschiedliche Kommunikations- und Kulturhürden, Ausbildungs- und Arbeitsmarktvorteile sowie steuerliche Betrachtungen und manchmal noch vorhandene technische Limitierungen hineingerechnet werden. Das führt oft zu dem interessanten Ergebnis, dass die Arbeit nicht zwangsläufig nach Fernost vergeben werden muss. So gelten beispielsweise Rom unter gewissen Rahmenbedingungen als "Sweet Spot" für Softwareentwicklung und die Schweiz als Eldorado für Helpdesks.

Qualität entscheidet über Erfolg

Ganz wesentlich für die neue Welle ist auch die umgekehrte Stoßrichtung: der Aufstieg von traditionellen Offshore-Anbietern zu sehr professionellen und erfolgreichen Full-Service-Firmen, die ungestüm auf unseren Markt drängen. Die indischen IT-Dienstleister Wipro und Infosys sind prominente Beispiele. Neben den Kostenvorteilen aus ihren Stammländern bringen solche Firmen die Motivation eines Newcomers, eine ausgeprägte Dienstleistungsmentalität und vor allem die Erfahrung mit, komplexe Offshore-Umgebungen zu handhaben. Damit liefern sie den etablierten Anbietern aus unseren Breiten einen interessanten Wettbewerb. Zwar nutzen diese selbst schon seit längerer Zeit die Kostenvorteile ihrer Lieferzentren in Indien, Südostasien und Osteuropa. Doch werden sie gezwungen, Kosteneinsparungen auch über niedrigere Preise konsequent an ihre Kunden weiterzugeben.

Die Angebote der Offshore-Länder.

Dieser Wettbewerb wird am Ende nicht über den Preis entschieden werden können, sondern über Qualität, Leistung und Kundenbindung. Während etablierte Anbieter ein effizientes Management für globales Sourcing aufbauen müssen, ringen die Offshore-Anbieter um Marktzakzeptanz und müssen sich dazu erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes "einen Namen machen" (local branding) und eine qualitativ hochwertige lokale Präsenz aufbauen. Beide Lager tragen damit nicht nur zur "Vernichtung" von Arbeitsplätzen in unserer Region bei, sondern schaffen auch in gewissem Umfang neue, hochwertige Arbeitsplätze.