Mit neuer Wertschöpfung aus der Krise

20.01.2003
Von Michael Dressen

Die gewaltige Senkung der Kosten von 20 auf vier Prozent des Umsatzes hatte auch zur Folge, dass die Gewinnmargen sinken mussten, da sich der Wertschöpfungsanteil ebenfalls entsprechend reduzierte. Zudem lässt sich bei einer Handelsspanne von fünf Prozent keine gleich hohe Gewinnmarge mehr erzielen. Dies ist sicher ein extremes Beispiel, doch die gesamte Branche hat sich - wenn auch mit verzögerter Geschwindigkeit - in diese Richtung bewegt.

Der Computerhersteller Dell erregte in den letzten Jahren Aufmerksamkeit durch sein starkes Wachstum, das die Firma an die Spitze des Marktes katapultierte. 1995 erzielte Dell noch eine operative Marge von 21,3 Prozent und eine Gewinnmarge von 7,2 Prozent. Im Jahr 2001 war die operative Marge auf 17,7 Prozent gefallen, die Gewinnmarge lag bei 5,7 Prozent. Absolut betrachtet, hatte sich der Gewinn erhöht, denn die Umsätze von Dell stiegen von 3,5 Milliarden Dollar 1995 auf 31,2 Milliarden im vergangenen Jahr. Gleichzeitig fielen die Kosten von 15,4 auf 12,1 Prozent des Umsatzes. Stolz vermeldete Dell in einem der letzten Quartalsberichte, dass erstmals in der Geschichte des Unternehmens der Kostenanteil auf unter zehn Prozent gedrückt wurde.

Doch ist das wirklich sinnvoll, und wo ist die untere Grenze? Das Unternehmen Medion, das unter anderem die Einzelhandelskette Aldi mit PCs und Computerzubehör beliefert, weist Kosten von sieben Prozent aus. Der IT-Großhandel liegt nach den letzten Quartalszahlen bei 3,8 Prozent. Stets geht jedoch die Verringerung der relativen Kosten mit der Reduktion der operativen Marge oder Handelsspanne einher - mit anderen Worten: Die Reduktion der Kosten reduziert auch die Wertschöpfung des Unternehmens. Die Fusion von Hewlett-Packard (HP) mit Compaq hat zum Ziel, die relativen Kosten des Konzerns von 22,8 Prozent in die Nähe der Aufwendungen von Dell zu bringen. Dem wird eine Verringerung des Wertschöpfungsanteils folgen, der bei HP heute noch bei 26

Prozent liegt.

Tendenziell schrumpfen gleichzeitig auch die Preise der Produkte (weil Einsparungen aus Gründen des Wettbewerbs sofort an den Kunden weitergegeben werden), was sich gut an den PC-Preisen nachvollziehen lässt. Personal-Computer werden ständig leistungsfähiger und kosten doch nur noch einen Bruchteil des Preises von 1990. Damit wurde der Markt wesentlich schneller erschlossen, als das bei anderen technischen Produkten der Fall war.

Dies zeigt ein Blick auf unseren Vergleichsmarkt, die Automobilindustrie: Von der Entwicklung des ersten Autos um die Jahrhundertwende bis zur Marktsättigung dauerte es etwa 60 bis 70 Jahre. Bei PCs haben wir die Marktsättigung bereits nach nur 20 Jahren erreicht. Wesentlich bestimmt wurde das Wachstum durch die Fähigkeit der IT-Industrie, die Kosten schnell und drastisch zu senken - gleichzeitig sanken damit jedoch die Wertschöpfung und die Gewinnmarge.