IT-Standort München weiter im Aufwind

04.11.2004
Von in Ingrid

Auch in der Eröffnungsdiskussion des Karrierezentrums der COMPUTERWOCHE auf der Systems ging es um den IT-Arbeitsmarkt in der Region München. Die Arbeitslosenquote im IT-Sektor liegt bei vier bis fünf Prozent. Probleme, einen neuen Job zu finden, hätten weniger frisch gebackene Hochschulabsolventen, sondern vielmehr Menschen ab Mitte 40. Für sie sei es auch mit langjähriger Berufserfahrung nicht einfach. „Ältere Menschen haben Schwierigkeiten, wieder einen Job zu finden; ihnen wird weniger Flexibilität zugetraut“, weiß Sissi Closs, Gründerin und Chefin von Comet Computer aus München. Allerdings sei das in vielen Fällen ein Trugschluss, denn jung zu sein garantiere keineswegs für gute Arbeit. „Ich brauche gute Techniker mit soliden Kommunikationsfähigkeiten“, erklärt Rudolf Haggenmüller, Geschäftsführer der Fast

Gesellschaft für angewandte Softwaretechnologie. Einen IT-Ausbildungsberuf und einige Jahre Berufserfahrung sieht der Firmenchef als gute Startposition ins Arbeitsleben.

Der Münchner Personalberater und Headhunter Jürgen Herget von JBH Personal- und Management-Beratung nennt ein anderes Problem der Jobsuchenden: „Viele ehemalige New-Economy-Leute haben Defizite; sie konnten sich viele Fertigkeiten in der kurzen Zeit, die sie in einem Unternehmen verbrachten, nicht aneignen.“ Hinzu komme eine gewisse Arroganz, so Herget: „Sie sind auf einer Ebene eingestiegen, der sie mental nicht gerecht wurden, und fordern jetzt Karriereperspektiven und Gehälter, die keineswegs ihren Fähigkeiten entsprechen.“ Gerade mittelständische Unternehmen könnten und wollten solche Karrierepläne nicht erfüllen; hier liege der Fokus wieder stärker auf konservativen Werten wie Loyalität oder Zuverlässigkeit.

Deshalb empfiehlt Herget Bewerbern, ihre Erwartungen zu überprüfen und sich genau zu überlegen, welche Berufs- und Karriereziele realistisch und erreichbar seien. Letztlich lohne es sich, die eigenen Leistungen kritisch zu hinterfragen. Gleichzeitig erwartet er von Jobsuchenden neben soliden Fachkenntnissen auch Selbstbewusstsein und sicheres Auftreten: "Mir kommt es auf angewandte Intelligenz an und weniger auf den Titel", denn ein MBA-Abschluss sei kein Garant für hervorragende Arbeitsleistungen; Persönlichkeit zähle mehr.

Die goldenen Zeiten für IT-Fachleute sind trotz leichter Erholungssignale am Arbeitsmarkt jedoch weitgehend passé. Mehr Bewerber konkurrieren um weniger freie Positionen, Firmen stellen höhere Anforderungen und zahlen weniger. Mit dem Trend zum Outsourcing und der Verlagerung von Softwareentwicklung ins Ausland stehen Jobsuchende vor einer neuen Herausforderung. Die "Globalisierung in den Dienstleistungen", wie es Peter Broß, Geschäftsführer des Branchenverbandes Bitkom umschreibt, stellt einen weiteren Einflussfaktor für den IT-Arbeitsmarkt dar. Broß hält die kursierenden Zahlen über einen weiteren Stellenabbau für "Kaffeesatzleserei" und empfiehlt: "Von der Sogwirkung kann man sich nicht abkoppeln, sondern muss sie nutzen. Manche Branchen haben das gut hingekriegt und Arbeitsplätze geschaffen; es ist wichtig, den Standort hierzulande zu stärken."