SAP-Arbeitsmarkt

Gute Chancen auch für Ältere

04.10.2011
Von 
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.

"Kompetenz verliert man nicht im Alter"

CW: Meist ist es leichter von einem Job zu einem anderen zu wechseln, als sich aus der Arbeitslosigkeit heraus zu bewerben. Was müssen gerade ältere Bewerber beachten?

Glaser-Radtke: Generell sollte die Pause zwischen zwei Jobs nicht länger als drei bis sechs Monate dauern. Sonst wird es schwieriger, einen neuen Job zu finden. Allerdings kommt das auch immer auf die Branche an. Ein Sabbatical oder eine Weiterbildung kann durchaus authentisch rübergebracht werden. Genauso wie eine Überbrückung durch Selbständigkeit oder eine interimistische Tätigkeit.

CW: Ist es leichter, ältere Führungskräfte als ältere Fachkräfte zu vermitteln?

Glaser-Radtke: Das kann man nicht verallgemeinern. Wir unterscheiden zwischen der Fach- und Führungskarriere. Projektmanager sind zum Beispiel fachlich verantwortlich, haben aber meist keine disziplinarische Verantwortung. Im SAP-Umfeld haben auch Fachkräfte, die nicht unbedingt die Projektleitung inne haben, gute Chancen. Denn gerade Kandidaten um die Anfang/Mitte 50 besitzen ja nicht nur SAP-Skills, sondern auch gutes Prozesswissen, sind wichtige Know-how-Träger.

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Die Kompetenz verliert man nicht im Alter, das hat man inzwischen erkannt. Außerdem haben die Werte sich verschoben. Dem "e-Hype" aus den Jahren um die Jahrtausendwende, dort, wo früher nach "jung, dynamisch, hoffnungsfrohen Bewerbern" gesucht wurde, stehen heute andere Werte gegenüber: Menschenkenntnis, interkulturelles Verständnis, Zuverlässigkeit und Termintreue, Belastbarkeit und Verantwortungsübernahme für Time and Material und neben Fach- und Methodenkompetenz ausgeprägte Soft Skills. Ein Grund, weshalb die "Best Agers" wieder gut mitreden können, im Wettlauf um die besten Köpfe. Auch weil der Erfolg eines Projektes zu nahezu 80 Prozent durch eine hohe soziale und personale Kompetenz entschieden wird.

CW: Ist das nicht zu großen Teilen Wunschdenken? Haben die Personalabteilungen wirklich schon umgedacht?

Glaser-Radtke: Das hat nichts mit Wunschdenken zu tun. Es ist eine Notwendigkeit für Unternehmen, sich auf die älteren Kandidaten einzustellen, will man dem Fachkräftemangel entgegenwirken und viele Personaler haben das bereits erkannt. Das bedeutet heute nicht nur andere und neue Wege im Recruiting zu gehen, sondern insbesondere auch die internen Prozesse der Personalabteilung zu streamlinen und sich bewusst zu machen, dass eine erfolgreiche Personalstrategie auch bedeutet, innerhalb kurzer Zeit auf eine Bewerbung mit Wertschätzung zu reagieren. Da muss dann aber auch der Fachbereich mit ins Boot geholt werden. Denn wechselwillige Bewerber haben derzeit die Möglichkeit, zwischen mehreren Parallelangeboten auszuwählen. Andererseits gibt es vereinzelt Kandidaten, die überlegen, ob sie bei den Turbulenzen am Finanzmarkt lieber in ihrem vermeintlich sicheren Job bleiben, anstatt sich einer erneuten Probezeit auszusetzen.

CW: Was müssen Arbeitgeber und Recruiter also heute tun?

Glaser-Radtke: Die Arbeitgeber müssen sich attraktiv auf dem Bewerbermarkt positionieren und schnell auf mögliche Bewerbungen antworten. Das bedeutet für die Recruiter, mit Hilfe schneller, systemgestützter Personalbeschaffungstools, z.B. SAP e-Recruiting über Portale die Grundlage für eine erfolgreiche Personalarbeit zu legen und entsprechend auf den Anstieg der Rekrutierungsaktivitäten zu reagieren. Darüber hinaus sind sehr gute kommunikative Fähigkeiten, im persönlichen Dialog wie auch digital, Voraussetzung. Personalexperten müssen sich zudem auf schnell wandelnde Marktanforderungen und Technologieveränderungen einstellen können. Gute Bewerber, die teilweise nur latent wechselwillig sind, müssen in einer besonders wertschätzenden Art und Weise angesprochen werden.

CW: Kandidaten haben heute die Wahl. Welche Faktoren sind denn Ihrer Erfahrung nach für Bewerber wichtig, wenn sie nach einem neuen Arbeitsplatz suchen?

Glaser-Radtke: Die Kandidaten suchen sich die Arbeitgeber nach neuen Kriterien aus. Nicht allein das Jahreszielgehalt ist ausschlaggebend, sondern vielmehr Themen wie der individuelle Gestaltungsspielraum, die Unternehmenskultur, Sicherheit des Arbeitsplatzes, Übernahme von Verantwortung, die berufliche Perspektive und Entwicklung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und eine attraktive betriebliche Altersversorgung spielen eine wesentliche Rolle.

Die Unternehmenskultur und -philosophie sowie die Rahmenbedingungen können darüber entscheiden, ob ein Arbeitgeber neue Mitarbeiter nicht nur findet, sondern sie auch langfristig halten und binden kann.