Das Ende des Studiums kommt abrupt. Die Prüfungen sind überstanden. Schlagartig wird vielen Absolventen klar, dass sie sich jetzt einen Job suchen müssen. Nur wie anfangen?
Selbstanalyse: Was will ich?
"Überlegen Sie sich Antworten auf folgende Fragen: Was wollen Sie beruflich erreichen? Welche Werte sind Ihnen wichtig? Wie sieht Ihr Traumjob aus?", empfiehlt Jürgen Rohrmeier, Personalberater und Mitglied des Vorstands von Pape Consulting in München. Dazu passt die Frage nach Struktur und Chaos, Konzern oder Startup. "Sind Ihnen persönliche Freiheit und selbstverantwortliches Arbeiten wichtig, oder bevorzugen Sie feste Strukturen mit klaren Arbeitsaufträgen?", rät Karriereberaterin Madeleine Leitner aus München zu bedenken. Anders gesagt: Soll der neue Schreibtisch in einem Konzern, einer mittelständischen Firma oder einem Startup stehen?
Doch anstatt einen Nachmittag lang über diese Fragen nachzudenken, füllen viele Absolventen einen Online-Bewerbungsbogen nach dem anderen aus. "Die Jobsuche stresst viele. Die Bewerber verschicken ihre Unterlagen wahllos. Viele handeln aus Angst, sie könnten keinen Job finden. Dabei wären weniger und mit mehr Mühe erstellte Bewerbungen besser", sagt Christoph Beck, Professor für Personalwirtschaft an der Fachhochschule Koblenz. "Denn wer selbst nicht weiß, was er will, tut sich schwer mit der Bewerbung."
Welcher Arbeitgeber ist attraktiv?
Im zweiten Schritt geht es darum, den Arbeitgeber zu finden, bei dem sich die eigenen Berufswünsche umsetzen lassen. Rankings liefern einen ersten Anhaltspunkt, sollten jedoch nicht die einzige Informationsquelle sein. "Mittlerweile gibt es eine Flut von Rankings", sagt Bernhard Rauscher, Geschäftsführer von Recruitwerk in München. "Manche sind oberflächlich oder enthalten nur Eigenwerbung. Viele attraktive Firmen beteiligen sich nicht daran, weil ihnen die Teilnahmegebühr zu hoch ist." Rauscher empfiehlt, sich die Karriereseiten der Unternehmen im Netz genauer anzusehen. "Arbeitgeber sollten auf ihren Seiten Gründe nennen, wieso man sich bei ihnen bewerben soll."
Saskia Thurm, Personalberaterin von First Circle in Köln, beobachtet, dass Hochschulabgänger nicht wissen, was sie suchen, und mit einem eingeschränkten Blickwinkel an die Sache herangehen: "Viele schauen sich nur nach bekannten Marken für Endkunden um und wählen diese Firmen für ihre Bewerbung aus."
Dagegen hilft eine systematische Branchenrecherche Einsteigern, auch die verborgenen Helden zu finden. "Wer sich für die Automobilbranche interessiert, sollte neben den großen Marken auch Zulieferer in Betracht ziehen", sagt Thurm. Frei verfügbare und kostenlose Datenbanken im Netz liefern ebenso gute Ergebnisse wie Verbände, die Kurzporträts ihrer Mitglieder zur Verfügung stellen.
- Woran erkennt man einen attraktiven Arbeitgeber?
Sieben Karriereprofis verraten Tipps, wie Bewerber ihre Suche verbessern können. Bildquelle: Fotolia, D. Naumov - Bernhard Rauscher, Recruitwerk
"Auf Jobmessen sollten Bewerber den direkten Kontakt suchen und im Gespräch Plattitüden wie ,Was haben Sie mir zu bieten?` vermeiden." - Madeleine Leitner, Karriereberaterin
"Schauen Sie sich die Termine am Arbeitsgericht an. Das kann aufschlussreich sein, welche Arbeitgeber Kündigungsklagen gegen Mitarbeiter führen." - Saskia Thurm, First Circle
"Wer sich für die Automobilbranche interessiert, sollte neben den großen Marken auch Zulieferer in Betracht ziehen." - Jürgen Rohrmeier, Pape Consulting
"Wenn nach dem Vorstellungsgespräch ein ungutes Gefühl zurückbleibt, dann versuchen Sie, dieses zu analysieren. Gibt es keine schlüssige Erklärung, vertrauen Sie auf Ihren Bauch und lehnen ab." - Jutta Rump, FH Ludwigshafen
"Schon wenn Bewerber im Foyer warten, sollten sie beobachten, wie Kollegen miteinander umgehen, wie der Chef die Sekretärin anspricht, ob eine freundliche Atmosphäre herrscht." - Christoph Beck, FH Koblenz
"Viele Studenten denken, die Jobsuche muss schnell gehen, dabei sind drei bis sechs Monate völlig normal. Nehmen Sie sich Zeit, werden Sie nicht zu schnell nervös." - Matthias Busold, Kienbaum
"Wird einem Hochschulabsolventen ein solides Einstiegsgehalt von rund 36.000 Euro geboten, heißt das meist auch viel Lernpotenzial. Wenn Firmen dagegen gleich mit 42.000 Euro locken, ist es vermutlich eine Aufgabe, die weniger Entwicklungsmöglichkeiten bietet."
Nutzen Sie informelle Kontakte
Auch unkonventionelle Wege helfen, das eigene Blickfeld zu erweitern. Wer sich mit Freunden, Studienkollegen, Verwandten oder Nachbarn unterhält und sie nach ihren Berufs- und Firmenerfahrungen fragt, erfährt oft Überraschendes. Da berichten Freunde von einem langweiligen Praktikum bei einem hoch gelobten Konzern, andere erzählen von haarsträubenden Vorstellungsgesprächen, und wieder andere schwärmen von ihrem Chef. "Versuchen Sie, über informelle Kontakte mehr zu erfahren, als Hochglanzbroschüren bieten. Es ist meist ein gutes Zeichen, wenn Leute stolz darauf sind, wo sie arbeiten", sagt Madeleine Leitner. Außerdem werden nach wie vor viele Jobs über informelle Wege vergeben. Vielleicht entwickelt sich aus einem Gespräch sogar ein Angebot. Leitner hat einen Tipp gegen Irrwege parat: "Schauen Sie mal beim Arbeitsgericht vorbei und sehen sich die Termine an. Das kann aufschlussreich sein, welcher Arbeitgeber Kündigungsklagen gegen Mitarbeiter führt."
All diese Informationen helfen, ein differenzierteres Bild zu zeichnen und interessante Firmen zu identifizieren. "Für den ersten Job nach dem Studium sollte man das Unternehmen auswählen, bei dem man am meisten und vielfältigsten lernen kann. Geld und Titel sind nicht alles", sagt Matthias Busold von Kienbaum in Hamburg. Auch Personalwirtschafts-Professor Beck empfiehlt, die künftige Aufgabe in den Vordergrund zu stellen. "Einsteiger bringen viel theoretisches Wissen mit, doch ihnen fehlen oft fachliche Erfahrung und persönliche Reife. Die ersten Berufsjahre dienen dazu, diese Defizite auszugleichen. Dazu brauchen Anfänger einen Arbeitgeber, der ihnen diese Entwicklungsmöglichkeit bietet." Im Hinblick auf lange Lebensarbeitszeiten kommt einem gelungenen Einstieg, der viele Türen öffnet, eine besondere Bedeutung zu.
Früh Kontakte knüpfen
Fach- und Karrieremessen, Events oder ein Tag der offenen Tür sind eine weitere Möglichkeit, mit Arbeitgebern ins Gespräch zu kommen. "Hier können Bewerber mit Mitarbeitern aus der Fachabteilung oder Personalreferenten sprechen", sagt Personalberater Rohrmeier. Doch Kandidaten sollte bei solchen Terminen klar sein, dass auch sie sich präsentieren und einen ersten Eindruck hinterlassen. Nur schüchtern Kulis und Prospekte einzusammeln wäre die falsche Strategie. "Suchen Sie den direkten Kontakt und überlegen Sie sich im Vorfeld sinnvolle Fragen. Oft wird schnell klar, wenn etwas nur golden angemalt ist, aber nichts dahintersteht", sagt Rauscher. Vermeiden sollten Bewerber Plattitüden wie "Was haben Sie mir zu bieten?" Zur guten Vorbereitung gehört es, sich über die Aussteller zu informieren und schon Bewerbungsunterlagen mitzubringen.
In der Tages- und Fachpresse wird über viele Firmen berichtet, etwa wenn sie große Aufträge an Land ziehen konnten, Produktionsstätten ins Ausland verlagern oder ein Firmenjubiläum ansteht. Viele Unternehmen veröffentlichen ihre Bilanzen auf der eigenen Homepage. "Bewerber sollten Geschäftsberichte lesen. Dort finden sich wichtige Informationen zum Unternehmen, obgleich Angaben zu Umsatz und Rendite meist nur Betriebswirten wirklich verständlich sind", meint Kienbaum-Mann Busold. Auch Arbeitgeberbewertungsportale wie kununu sind eine gute Informationsquelle.
Gibt es eine Liste von attraktiven Arbeitgebern und eine andere mit den eigenen Wünschen für den ersten Job, kommt als Nächstes die Feinabstimmung. Sind Fragen offen, können Interessenten die Homepage durchforsten oder zum Telefonhörer greifen, um ausstehende Informationen einzuholen. "Firmen und Bewerber begegnen sich längst wieder auf Augenhöhe", sagt Rauscher, deshalb spreche nichts dagegen, direkt nachzufragen.
Spam auf Twitter
Auf den Karriereseiten vieler Firmen finden sich kurze Videos von Mitarbeitern, die über Karriere und Berufsalltag sprechen. "Im Vorstellungsgespräch sind das gute Anknüpfungspunkte", empfiehlt Rauscher. Auch über speziell eingerichtete Fan-Seiten auf Facebook suchen Unternehmen den direkten Kontakt zu Bewerbern. Dagegen verliere Twitter nach Meinung des Recruiting-Experten Rauscher an Relevanz. "Viele posten nur ihre offenen Stellen, das hat oft schon Spam-Charakter und bringt nichts."
- And the Winner is....Google
Der Internetkonzern ist nicht nur für deutsche Informatiker, sondern auch für europäische IT-Studenten der Traumarbeitgeber schlechthin. Trendige Büros wie hier bei Google in Zürich, sorgen neben der Marktstellung für weitere Pluspunkte. (Foto: Google Pressestelle) - 2. Microsoft
Ralph Haupter, Chef von Microsoft Deutschland, kann sich freuen. In Europa ist der Softwaregigant nach Google der beliebteste Arbeitgeber. (Foto: Thomas Cloer) - 3. Apple
Auf platz drei hat es Apple geschafft. Hier sind es vor allem coole Produkte, die den Nachwuchs anziehen. - 4.IBM
Größe zieht Informatiker an. Der weltgrößte IT-Konzern schaffte es auf Platz vier des Rankings. - 5. Intel
Der Chipproduzent, hier die Niederlassung in Deutschland, gehört für europäische IT-Studenten unter die Top Five der beliebtesten Arbeitgeber.(Foto: Thomas Cloer) - 6. Cisco Systems
Michael Ganser, Chef von Cisco Systems Deutschland, hat gut lachen. Auch sein Arbeitgeber hat unter Europas IT-Nachwuchs einen guten namen. - 8. Hewlett-Packard
Auch HP kann seinen Platz unter den Top Ten behaupten, wenn gleich um einige Plätzer schlechter platziert als die Konkurrenten Microsoft und IBM. - 10. AMD
Platz zehn für Chiphersteller AMD, fünf Plätze schlechter als Konkurrent Intel.(Foto: AMD) - 11. SAP
Erst auf Platz 11 kommt mit der SAP AG die erste deutsche Softwarefirma im Ranking von Europas Traumarbeitgeber vor. Im Bild: Der neue SAP-Chef Jim Hagemann Snabe. - 13. Dell
Michael Dell, Gründer und CEO des IT-Herstellers, kommt mit seiner Firma auf Platz 13. (Foto: Thomas Cloer) - 14. Ubisoft
Der franzöische Spieleentwickler zählt zu den größten weltweit. CEO Yves Guillemot kann sich über Platz 14 freuen. (foto: Ubisoft) - 15. Texas Instruments
Texas Instruments, hier die Deutschland-Zentrale im baerischen Freising, belegt Platz 15 im Ranking. (Foto: Thomas Cloer) - 16. STMicroelectronics
Der größte europäische halbleiterhersteller hat seinen Hauptsitz in Genf. Im Bild: CEO Carlo Bozotti. (Foto: STMicroelectronics) - 17. Dassault Systèmes
Das französische Softwareunternehmen ist vor allem für die Entwicklung der CAD-Anwendung Catia bekannt. - 18. Adobe
Im Bild: Harald Esch, Geschäftsführer von Adobe Deutschland (Foto: Ronald Wiltscheck)