Gehaltsstrategien in schwierigen Zeiten

18.12.2002
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Weitsichtige Chefs speisen ihre besten Mitarbeiter auch in schwierigen Zeiten nicht mit Nullrunden ab, so der Tenor einer Diskussionsrunde mit Managern der IT-Branche. Insbesondere das mittlere Management, das sich stark um die Umsetzung der Geschäftsstrategie und die Motivation der Belegschaft kümmert, sollte bei Laune gehalten werden.

Wenn es um das Thema Entlohnung geht, fehlt nie ein Blick zurück in die Zeit von vor zwei oder drei Jahren, als noch - aus heutiger Sicht - astronomische Gehälter, umfangreiche Aktienoptionspakete und große Dienstwagen möglich waren. „Ein Key-Account-Manager verdiente 120000 bis 150000 Euro, heute muss er sich mit unter 100000 Euro zufrieden geben“, berichtet Jörg Westphal, Personalchef beim Darmstädter IT-Dienstleister MIS AG, im Rahmen einer von der COMPUTERWOCHE organisierten Roundtable-Diskussion.

Aktienoptionen sind - seit der Neue Markt zusammengebrochen ist - kein Thema mehr, meint auch Edgar Kirchmann vom Personalberatungs-Unternehmen SUP in Frankfurt am Main, „obwohl es gerade jetzt, angesichts des niedrigen Preises, sehr interessant sein kann, sie zu bekommen“. Insgesamt seien die Gehälter um etwa zehn bis 15 Prozent gesunken, schätzt der Personaler. „Bei den Einsteigern sind die Gehälter konstant geblieben“, stellt Manuel Dohr fest, Mitglied der Geschäftsführung und unter anderem zuständig für Personalfragen im Münchner Softwarehaus Ixos. Die Anfängervergütung liegt in den meisten Unternehmen bei rund 40000 Euro im Jahr.

Edgar Kirchmann, SUP.
Edgar Kirchmann, SUP.

Den größten Unterschied zu früher sieht der Münchner Manager allerdings in den Gehaltssteigerungen: „In der Vergangenheit kam es schon mal vor, dass Mitarbeiter binnen drei Jahren ein Gehaltsniveau von 100000 Euro erreichten.“ Kritisiert wurde in diesem Zusammenhang die Rolle der Personalberater. Sie schreckten nicht davor zurück, Zuwächse beim Einkommen von bis zu 100 Prozent zu versprechen, um Manager und IT-Profis abzuwerben. Kirchmann von SUP kritisiert die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen, erwartet aber von qualifizierten Mitarbeitern, dass sie ihren Marktwert realistisch einschätzen und sich erst gar nicht auf solche Versprechen einlassen.

Pensionspläne kommen in Mode

Es hat sich einiges verändert seit den fetten New-Economy-Jahren, beobachtet Ixos-Mann Dohr. Nicht nur, dass die Gehälter stärker in Relation zur wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens gesetzt werden. Vor allem bei Mitarbeitern und Bewerbern fällt ihm ein starkes Sicherheitsdenken auf. Kandidaten interessierten sich weniger für die Kursentwicklung an der Börse und einen schnellen Aufstieg als für die Solidität des Arbeitgebers. Sein Unternehmen hat einen Pensionsplan aufgelegt.

„Vor drei Jahen hätte ich es als abwegig angesehen, solch ein Instrument der Alterssicherung in Hightech-Unternehmen einzuführen“, so der Münchner Manager. Von 500 Mitarbeitern bei Ixos in Deutschland nähmen nur sieben nicht an diesem Programm teil. Ähnliche Erfahrungen machte die MIS AG: „Bewerber, selbst junge, wollen sich an keinem Hype mehr beteiligen“, so Personaler Westphal. Was sie interessiert, sei „ein Umfeld, das stabil ist und berechenbar“.

Das holländische Unternehmen Atos Origin, mit 30000 Mitarbeitern, eines der größten europäischen Softwarehäuser, hat sich für eine pragmatische Lösung entschieden. Mitarbeiter erhalten zum Jahresgehalt drei bis vier Prozent dazu, die sie in einen Fonds ihrer Wahl einzahlen können, wie Jans Tielman, Vorstandsmitglied und unter anderem zuständig für den deutschen Markt, versichert. Allgemein seien moderate Gehaltssteigerungen von im Durchschnitt drei bis fünf Prozent zu erwarten, so die Roundtable-Teilnehmer. Die Personaler der Branche tauschten sich gelegentlich aus und hätten sich, vorausgesetzt, ihr Arbeitgeber könne es sich leisten, auf vier Prozent geeinigt.

Bei Ixos werde die Gehaltssumme aber nicht nach dem Gießkannenprinzip gleichmäßig an alle Beschäftigten verteilt. Das Softwarehaus bildet Vergleichsgruppen, und innerhalb dieser kann beispielsweise ein Entwickler unter Umständen zehn Prozent erhalten und ein zweiter leer ausgehen, versichert Dohr. Tielman von Origin will sich auf keine Zahl festlegen lassen. Vorstand und Regionalchefs müssten sich je nach Marktgegebenheiten und der Situation des Unternehmens im lokalen Markt einigen. Wichtig sei ihm, dass die Mitarbeiter die Entscheidungen der Geschäftsführung verständen und akzeptierten.