Der Weg zum E-Procurement ist steinig

13.05.2003
Von Christian Zillich

Fricke sieht allerdings, dass sich die Unternehmen dem Thema mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten nähern: Mehr als 50 Prozent der Nutzer seien erst seit weniger als zwei Jahren auf Marktplätzen aktiv, befänden sich also vorwiegend noch in der Erprobungsphase. „Während die einen die ersten Gehversuche machen, sind Experten bereits dabei, strategische Überlegungen einer zunehmenden Vernetzung von Wertschöpfungsnetzen in praktische Anwendungen umzusetzen“, so der BME-Sprecher. Für den Mittelstand werde die elektronische Beschaffung immer interessanter, fuhr Fricke fort, da mittlerweile auch für kleinere Betriebe geeignete Tools und Software zur Verfügung ständen. Damit ließen sich auch im Mittelstand Prozesskosten sparen, obwohl hier das Potenzial naturgemäß geringer sei als bei Großunternehmen.

Als Zulieferer nähern sie sich dem Thema elektronische Beschaffung jedoch nicht von der Einkaufs-, sondern der Verkaufsseite. Und hier fördert die vom Betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem BME und dem Lösungsanbieter Quibiq erstellte Studie „E-Readyness deutscher Lieferanten“ Ernüchterndes zu Tage.

Mangelnde E-Readyness der Zulieferer

Der Verfasser Ulli Arnold, Lehrstuhlinhaber Investitionsgütermarketing und Beschaffungs-Management an der Universität Stuttgart, machte bei den 126 teilnehmenden Unternehmen einen Hang zur Selbstüberschätzung aus. 58 Prozent hatten angegeben, besser oder sehr viel besser als der Branchendurchschnitt aufgestellt zu sein. Diese Wahrnehmung kollidiere allerdings mit derjenigen von Einkäufern, die auf Lieferantenseite einen großen Nachholbedarf sähen.

Annähernd die Hälfte der befragten Unternehmen gab an, sie verfüge über eine ausformulierte E-Commerce-Strategie. Eine eigene E-Commerce-Abteilung konnte aber nur rund ein Drittel der Unternehmen vorweisen. Die Studie habe außerdem ergeben, so Arnold weiter, dass in der Mehrzahl der Fälle die Initiative zur Weiterentwicklung entsprechender Aktivitäten von den Kunden ausgehe: „Deshalb können die meisten Zulieferer auch kein durchgängiges Konzept vorweisen.“ Da wahrscheinlich die Firmen, die etwas vorzuweisen hätten, in der Untersuchung überproportional vertreten seien, gäben selbst die schlechten Zahlen noch ein geschöntes Bild ab. „Wir sind bisher weit von einer Welt entfernt, in der Geschäftsprozesse vorwiegend elektronisch abgewickelt werden“, lautet Arnolds nüchternes Fazit.

Ein Zulieferer, der bereits einige E-Business-Erfahrung gesammelt hat, ist die Karl Höll GmbH & Co. KG mit Sitz in Langenfeld. Das auf die Herstellung von Tuben für die Branchen Pharmazie, Kosmetik, Lebensmittel und Klebstoffe spezialisierte Unternehmen wickelt über den Marktplatz CPG.com elektronisch Geschäfte mit seinem Großkunden Henkel ab. „Sowohl hier als auch durch eine direkte Anbindung an die Systeme von Wella hat unser Unternehmen große Einsparungen bei den Prozesskosten erzielen können“, so der geschäftsführende Gesellschafter bei Höll, Philipp Schack von Wittenau.