Der Fat Client feiert seine Wiederkehr

27.05.2004
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.
Nach dem Siegeszug des Browsers könnte es ein Comeback für funktionsreiche Desktop-Software geben - wenn es nach IBM und Microsoft geht. Allerdings soll das Pendel nicht einfach zum Fat Client zurückschlagen, vielmehr geht es um die Versöhnung der beiden Welten. Trotz des gemeinsamen Ziels unterscheiden sich die Ansätze der zwei Konzerne erheblich.

Auf dem typischen Arbeitsplatzrechner von heute befindet sich nur mehr eine Hand voll Programme. Dazu zählen normalerweise die gängigen Anwendungen aus den Office-Paketen inklusive eines Mail-Client, gelegentlich kommen noch vertikale und Individuallösungen älteren Datums hinzu. Die große Masse der Software ist indes zum Web-Browser abgewandert. Seien es betriebswirtschaftliche Applikationen oder CRM, Lösungen für Business Intelligence, Content- oder Projekt-Management - praktisch alle namhaften Hersteller bieten ein Web-Frontend für ihre Programme an.

"Messeging" und "Documents" mit seinen leichtgewichtigen Office-Programmen sind die ersten Workplace-Client-Module.
"Messeging" und "Documents" mit seinen leichtgewichtigen Office-Programmen sind die ersten Workplace-Client-Module.

Der Erfolg des Browsers als universeller Client lässt sich einfach begründen: Unternehmen können mit dem Web-Anwendungsmodell die Kosten für die PC-Administration erheblich senken. Verantwortlich dafür ist ein denkbar unkomplizierter Distributionsmechanismus für Software: URL eintippen, und die aktuelle Version einer Anwendung steht sofort auf jedem Arbeitsplatz zur Verfügung. Im Idealfall funktioniert das auch plattformunabhängig, so dass Programme ohne Anpassungs- und Portierungsaufwand unter allen Betriebssystemen genutzt werden können. Die Bequemlichkeit hat jedoch ihren Preis. Browser-Anwendungen bieten weit weniger Benutzerkomfort als traditionelle PC-Software, das Programmiermodell ist inkonsistent und ein Offline-Arbeiten nicht möglich.

Daher gab es immer wieder Versuche, den Verteilungsmechanismus des Web mit den Vorzügen klassischer Desktop-Anwendungen zu kombinieren. Darunter fielen etwa Microsofts Vorstoß mit Active X oder die Anläufe diverser Hersteller mit Office-Programmen in Java. Das Active-X-Modell scheiterte jedoch an Sicherheitsproblemen, die Java-Ansätze an der damals noch unausgereiften Plattform und der geringen PC-Rechenleistung.

Mit IBM und Microsoft versuchen nun erneut zwei Schwergewichte der Softwareindustrie, ein solches Vorhaben umzusetzen. Big Blue propagiert zu diesem Zweck seine "Workplace Client Technology", während Microsoft auf .NET und wesentliche Neuerungen von "Windows Longhorn" baut. Trotz ihres grundsätzlich gleichen Anliegens unterscheiden sich beide Vorhaben in wesentlichen Aspekten.