CeBIT: Gedränge im Kontakthof

08.03.2006
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Doch mit passablen Umgangsformen allein ist kein Staat zu machen. Der Liebling aller Schwiegermütter wird es kaum weit bringen, solange die Fakten nicht überzeugen. Und die sollten schriftlich nachzulesen sein. Während Wilken eine komplette Bewerbungsmappe erwartet, freut sich Slominski über eine CD des Kandidaten. Mit einer Visitenkarte ist Jan Latussek, Personalbeschaffer der Mummert Steria Consulting AG in Hamburg, einverstan-den: "Unterlagen können elektronisch nachgereicht werden." Die meisten der auf der CeBIT vertretenen Personaler geben sich indes mit einem qualifizierten Lebenslauf zufrieden. Hauptsache, der Bewerber kann im Gespräch am Stand plausibel erläutern, wieso sein beruflicher Weg sich gerade beim umworbenen Arbeitgeber fortsetzen sollte.

Zwar räumt Latussek ein, dass "interessante Gespräche mit sympathischen Menschen das sind, was uns in Erinnerung bleibt." Doch ob jemand tatsächlich eingestellt wird, steht auf einem anderen Blatt. Entscheidend sind spätere Interviews mit der jeweiligen Fachabteilung vor Ort, eine Vorgehensweise, die viele Firmen favorisieren. Auch die Deutsche Börse hält sich alle Optionen offen. Laut Personalerin Wilken wandern interessante Kandidatenprofile zunächst in einen Pool. Werde eine Stelle frei, kämen jene zum Zuge, "die besonders positiv aufgefallen sind".

Udo Völke, TMP: 'Auch Personaler haben sich auf die Gespräche mit Bewerbern vorzubereiten, damit sie sich nicht blamieren.'
Udo Völke, TMP: 'Auch Personaler haben sich auf die Gespräche mit Bewerbern vorzubereiten, damit sie sich nicht blamieren.'

Personaler, das sollten sich Bewerber hinter die Ohren schreiben, sind eine recht konservative Spezies. Ihnen mit Respekt und Professionalität zu begegnen ist für Udo Völke, Chef der auf Personal-Marketing spezialisierten TMP GmbH in Wiesbaden, eine Mindestbedingung, will man es sich nicht gleich beim ersten Firmenkontakt verscherzen, selbst wenn die formalen Voraussetzungen einwandfrei sind. "Personaler zu duzen ist ebenso tabu wie ein kumpelhaftes Anbiedern auf der Standparty", so der Rekrutierungsprofi. Ins Abseits führe auch der überdreht selbstbewusste Auftritt, etwa wenn der Bewerber seinem Gesprächspartner nahe legt, sich weitere In-formationen einfach über die private Homepage zu besorgen.

Am Personaler führt kein Weg vorbei. Er definiert, über welches Profil der Bewerber verfügen sollte, er entscheidet, wer zu weiterführenden Gesprächen eingeladen wird. Wenn Hochschulabsolventen noch etwas schüchtern auftreten, sagt Spacke, zeige man dafür Verständnis. "Ein berufserfahrener Bewerber hingegen sollte die nötige Portion Selbstbewusstsein mitbringen." Julia Merkel von der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) erwartet Bewerber, die zu dem stehen, was sie können und wollen. Sie sollten aber auch realistisch einschätzen, was nicht "ihr Ding" ist. "Ehrlichkeit und Natürlichkeit sind immer noch Werte, die ankommen und zudem helfen, sich gut zu vermarkten."