CeBIT: Gedränge im Kontakthof

08.03.2006
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Aber auch das passiert: Interessenten lassen nach kurzem Geplänkel die Katze aus dem Sack und verweisen auf konkrete Jobzusagen anderer Firmen. Wie gehen Personaler damit um? "Das ist völlig normal in unserem Geschäft", meint Accenture-Personalerin Spacke. Wer sich offensiv mit überzeugenden Qualifikationen vermarkte, kenne seinen Marktwert. Solche Kandidaten seien sehr interessant. "Wir bevorzugen dynamische Leute, die aufsteigen wollen."

Abheben sollten Bewerber jedoch nicht, warnt Slominski von Zooplus. Er zieht eine klare Grenze: Sei jemand interessant, werde beim Gehalt durchaus nachgebessert. "Allerdings lassen wir uns nicht erpressen", sagt er. "Wer zu hoch pokert, fällt durch." Michael Allimadi, Chef der Heidelberger Personalberatungsfirma Apentia Consulting GmbH, die ausschließlich SAP-Profis vermittelt, hat die Erfahrung gemacht, dass Bewerber Personaler gerne dazu benutzen, um den eigenen Marktwert auszuloten. "Mit diesem Wissen verbessern sie ihre Position in Gehaltsverhandlungen beim eigenen Arbeitgeber." So schnell lassen sich abgebrühte Personaler aber nicht in Verlegenheit bringen. Dem nassforsch auftretenden vermeintlichen Überflieger ist schnell eine Lektion in Bewerbungsfragen erteilt.

In die Bredouille geraten Personaler, sind sie mit hoch qualifizierten Kandidaten konfrontiert, die ihren "Marktwert" nicht kennen und jegliche Professionalität in Bewerbungsfragen vermissen lassen. Davon kann man bei Apentia ein Lied singen. Allimadi kann über 100 offene Stellen quer über viele Branchen mit SAP-Spezialisten besetzen. Um solche Leute reißen sich Unternehmen. "Wer in seinem Lebenslauf auf SAP-Kompetenzen verweisen kann, ist heute klar im Vorteil", bestätigt Spacke von Accenture.

Doch Allimadi ist erstaunt, wie schlecht sich viele potenzielle Kandidaten vermarkten. "Das beginnt mit dem äußeren Erscheinungsbild, geht über die Zusammenstellung der Unterlagen bis hin zu Themen wie Verlässlichkeit und Pünktlichkeit." Die Haare ständen einem zu Berge, sagt eine Firmensprecherin, wenn man beobachte, wie sich hoch qualifizierte Kandidaten durch unprofessionelles Auftreten und indiskutable Papiere selbst ein Bein stellen. Da hat ein gestandener IT-Experte, etwa in einem mittelständischen Unternehmen, alle Implementierungsprobleme und SAP-Release-Wechsel mit Bravour gemeistert - doch den Wechsel in eine erheblich attraktivere Position bei einer anderen Firma verscherzt er sich selbst.

Doch auch die Personaler sind nicht über jeden Zweifel erhaben. TMP-Chef Völke: "Bevor sie ins Gespräch mit Kandidaten gehen, müssen sie zunächst ihre eigenen Hausaufgaben erledigen." Gut vorbereitet ist, wer sich über technische Sachverhalte auf Augenhöhe verständigen kann. "Es darf nicht passieren, dass der Personaler dumm aus der Wäsche guckt und auf die berechtigten Fragen des Bewerbers keine schlüssige Antwort findet."