Corporate Finance

Beteiligungsfinanzierung bei IT-Firmen

03.01.2012
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Kaufpreisermittlung und Vertragsverhandlungen

Bei der Kaufpreisermittlung gilt: It’s an art, not a (pure) science! Entsprechend wird zwischen Substanzwert, Ertrags- und Cashflow-orientierten Verfahren und Multiple-/Peer-Group-Verfahren unterschieden. Im Idealfall weichen die zukunftsorientierten Bewertungsverfahren beziehungsweise die unterschiedlichen Multiple-Verfahren nicht zu stark voneinander ab - wie beim Business-Plan gilt auch hier: Plausibilität ist der Königsweg - mehr dazu im vorletzten Beitrag der Serie.

Je nach Art des Finanziers liegen in der Regel unterschiedliche Interessenslagen zugrunde. Während Banken das Hauptaugenmerk auf die künftige Liquidität legen, geht es Finanzinvestoren noch stärker um Wachstum und Erträge. Strategische Investoren werden insbesondere auf den strategischen Mehrwert abstellen. Daher gilt es, die Verhandlungsführung auf die Art des Finanziers abzustellen - es gibt kein ‚one size fits all‘, wie diese auch in letzten Beitrag dieser Serie beschrieben wird.

Vertragsabschluss: Anfang, nicht Ende

Je nach Art des Investors folgen nach dem Vertragsabschluss verschiedene Phasen - bis hin zum möglichen Exit, was bei Unternehmern, die nach dem Verkauf noch einen Teil der Anteile behalten, oft einen wesentlichen Erlöshebel darstellen kann:

  • Integrationsphase (bei strategischen Investments)

  • Post-Merger Integration z. B. nach dem PBS-Integrationsmodell von GVM (siehe unten)

  • Umsetzungsphase

  • Optimierung Controlling/Reporting

  • Umsetzung Re-Designs (inkl. Coaching/ggf. Interimsmanagement

  • Exit-Strategie

  • Weitere Wachstumsfinanzierung

  • Trade-Sale, IPO …

  • MBO/MBI, …

Daher gilt ein besonderes Augenmerk bei Firmenübernahmen beziehungsweise Einbindungen der sogenannten Post-Merger-Integration (PMI)-Phase: Denn 73 Prozent der im Rahmen einer Forschungsarbeit der Universität Münster Befragten sehen im "Mangelnden Umsetzungskonzept" das Hauptrisiko bei Unternehmensfusionen.

Auf Basis der Erfahrungen aus mehr als 20 Corporate-Finance-Transaktionen hat Global Value Management das sogenannte PBS-Modell entwickelt, um eine rasche und erfolgreiche Integration zu gewährleisten. Dabei steht P für People, B für Business und S für Strategy-Integration - und zwar genau in der Reihenfolge. Dies deckt sich mit Untersuchungen von Tower Watson, wonach M&A-Prozesse an der Managementeinbindung kranken: Nur 42 Prozent der befragten deutschen Manager gaben an, Teil eines Integrationsteams gewesen zu sein, 17 Prozent waren überhaupt nicht in die Integrationsmaßnahmen involviert. Das PBS-Modell umfasst folgende Bausteine:

  • People

  • Vor Vertragsabschluss definieren, behutsam kommunizieren

  • Neue Strategie effektiv umsetzen (nach Ono: Unfreeze - Change - Freeze)

  • Leuchtturmprojekte paritätisch besetzen

  • Business

  • Cross-Selling incentivieren

  • Key-Kunden & -Partner unmittelbar einbinden / Kampagnen vorab planen

  • Synergien achtsam nutzen, auf Give & Take achten

  • Strategy

  • Rasch handeln - "quick wins" erzielen

  • Integration ist Chefsache

  • Reihenfolge beachten: People first - Business & Langfriststrategie folgen

Fazit

Das Geheimnis des Finanzierungserfolgs liegt in der guten Vorbereitung:Nur wenn Buisness-Planung, Investment-Case-Unterlagen, Selektion der potenziellen Finanziers und Verhandlungsführung optimal ausgestaltet sind, wird ein optimales Ergebnis für Unternehmer, Mitarbeiter, Kunden und Finanzier erzielt. (oe)

Kontakt:

Der Autor Dr. Bernhard Schmid war knapp 20 Jahren in der IT-Branche tätig und hat in seiner Zeit als Geschäftsführer, Vorstand und Berater über 20 Corporate Finance -Transaktionen im IT-Channel realisiert. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter der Global Value Management GmbH (GVM). Tel.: 08141 8890-39, E-Mail: bernhard.schmid@global-value-management.de, Internet: www.global-value-management.de