Beispiel Caldera: Geschenke oder Geschäfte

23.11.2001
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Frostig konterte Love, dann sei er halt ein "symbiotischer Parasit". Denn Caldera bediene sich nicht nur an Open-Source-Code, sondern habe seinerseits massenhaft Quellcode der Community zur Verfügung gestellt. "Wir haben die GPL nie verletzt, und wir werden es nicht tun", erklärt Love in einem Gespräch mit der CW. "Wir werden auch in Zukunft eine Menge Entwicklungen als Open Source unter der GPL herausbringen - aber nicht alles."

Linux braucht Marketing

Der Grund sei ganz einfach, so Love: "Quelloffene Software braucht nicht nur Programmierer. Open Source braucht Marketing und Werbung, um bei professionellen Anwendern erfolgreich zu werden. Das kostet Geld. Ohne die Investitionen von uns und anderen Linux-Firmen bleibt Open-Source-Software nur eine technisch interessante Sache. Wir sind quasi die ungeliebte Marketing-Abteilung der Community. Jeder, der ein paar Zeilen Code beigetragen hat, hält sich für wichtiger als uns."

Dabei bestreitet Love keineswegs die Bedeutung der GPL. "Diese Lizenz wurde entwickelt, um den Zugriff der Entwickler auf ihre Produkte zu sichern; dafür hat sie sich bewährt. Aber das Ziel der GPL war nie ein Business-Modell. Ein auf der Basis der GPL zwangsläufig rein serviceorientiertes Geschäftsmodell hat sich bisher nirgendwo als erfolgreich erwiesen. Man braucht ein Konzept, das Einnahmen generiert, um Investionen in Produktentwicklung, Qualitätssicherung und Support sicherstellen zu können."

Die Konsequenz liegt für Love auf der Hand: "Wir müssen auch mit anderen Lizenzformen als der GPL experimentieren, möglicherweise auch ganz neue entwickeln." Im Zentrum steht insbesondere eine Abwandlung der BSD-Lizenz, welche die Verwendung von Open-Source-Software erlaubt, aber nicht die Veröffentlichung der damit erzielten Weiterentwicklungen erzwingt. Love: "Viele unserer Softwarepartner wollen Open Sources verwenden, aber sie wollen nicht gezwungen sein, deshalb alle ihre Entwicklungen verschenken zu müssen. Sie müssen nach ihren Ausgaben auch entsprechende Einnahmen machen können - oder schließen."

In der Tat steht Caldera in besonderer Weise unter dem Druck von Antagonismen. Einerseits ist das Unternehmen ein Linux-Distributor mit einer langen Open-Source-Geschichte. Andererseits hat Caldera mit dem Kauf von SCO das Erbe eines proprietären Unix-Derivats angetreten. Für diese Übernahme gab es zwei gute Gründe: Erstens war SCO ebenso wie Caldera auf Betriebssysteme für Intel-Prozessoren konzentriert. Zweitens erwarb Caldera SCOs stärkste Seite, ein Netz von weltweit über 12000 Vertriebs- und Softwarepartnern.