Auswandern für den Job

17.06.2003
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Ob Abenteuerlust, die große Liebe oder Karrierepläne - Gründe gibt es viele, weshalb IT-Experten ihre Koffer packen und ins Ausland gehen. Wer sich eine neue Existenz aufbauen möchte, braucht aber gute Kontakte und Durchhaltevermögen. Doch wer die ersten Hürden nimmt, kann durchaus dem eigenen Lebenstraum einen Schritt näher kommen.

Der erste Arbeitstag war ein Schock. Vor dem Gebäude standen LKWs, Mitarbeiter mussten ihre Büros in wenigen Stunden räumen. Per Videokonferenz hatten sie von ihrer Kündigung erfahren. Joachim Blum hatte sich seinen Start im Silicon Valley leichter vorgestellt. Der promovierte Informatiker arbeitet seit zwei Monaten für ein Startup in Kalifornien und hat seine Entscheidung trotz des ungewöhnlichen Einstiegs nicht bereut. Die besseren Karrierechancen in den USA gehen mit einem höheren Arbeitsplatzrisiko einher.

„Als Angestellter deutlich am Erfolg des Unternehmens beteiligt zu sein, ist in Deutschland fast undenkbar. Hier in den USA erlauben die Aktiengesetze jedoch, dass die Mitarbeiter bei Erfolg auch richtig abkassieren.? Ausschlaggebend für den 32-Jährigen waren die Job- und Karriereperspektiven, bessere Verdienstmöglichkeiten und das angenehme Leben in Kalifornien. Blum tauschte seinen Arbeitsplatz in München gegen einen in San Jose ein.

Joachim Blum: "Im Silicon Valley herrschen andere Gesetze."
Joachim Blum: "Im Silicon Valley herrschen andere Gesetze."

Ausländische IT-Experten werden momentan von ihren US-amerikanischen Kollegen kritisch beäugt, und Firmen müssen noch genauer als früher nachweisen, dass sie keinen geeigneten Kandidaten im eigenen Land fanden. Im Umgang mit den Kollegen spielen Ressentiments für Blum allerdings keine Rolle. „Im Silicon Valley herrschen andere Gesetze. Die Höhen einer Wirtschaftsentwicklung sind höher und die Tiefen tiefer. Wenn es einer Firma schlecht geht, spüren es die Mitarbeiter als erstes.?

Loyalität gegenüber dem Unternehmen gehört für beide Seiten nicht dazu. Der Arbeitsalltag unterscheidet sich wenig von dem in Deutschland, lediglich die Arbeitstage sind deutlich länger. „Es ist üblich, am Wochenende mal reinzuschauen?, fügt der 32-Jährige hinzu. Beruflich läuft es gut für Blum, sein Privatleben muss er noch organisieren, denn mit seinen Kollegen teilt er nur die Bürostunden. After-work-Partys oder außerhalb der Arbeitszeit etwas zusammen zu unternehmen, gehört in seiner Firma nicht dazu. Wie lange er in Kalifornien bleiben möchte, weiß der Informatiker noch nicht. „Das Sozialsystem ist eine Katastrophe in den USA, und wenn es nicht klappt mit der Firma, werde ich auch relativ bald wieder im Flieger sitzen.?