GenAI und Branchenlösungen

IBM und SAP erweitern KI-Partnerschaft

10.05.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Unter dem Label "Value Generation" wollen IBM und SAP gemeinsam neue Funktionen für generative KI sowie dazugehörige branchenspezifische Lösungen entwickeln.

Für SAP geht es derzeit vor allem darum, seine Kunden vom Umstieg in die Cloud zu überzeugen. Helfen soll dabei unter anderem eine neue KI-Partnerschaft mit IBM. Mit "Value Generation" wollen die IT-Anbieter gemeinsam neue Funktionen für GenAI und dazu passende Branchenlösungen entwickeln. "Unsere neue Partnerschaft Value Generation versetzt Kunden in die Lage, Innovationen schneller umzusetzen und einen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen", beschrieb John Granger, Senior Vice President bei IBM Consulting, die Zielsetzung der Partnerschaft. Durch generative KI ließe sich die Grundlage für ein zukunftsorientiertes Unternehmen legen, versprach der Manager den Kunden.

SAP und IBM haben bereits vor einem Jahr einen KI-Pakt vereinbart. Anfang Mai 2023 hieß es, SAP wolle IBMs KI-Technik Watson in seine Lösungen integrieren. Kunden könnten von KI-gestützten Einblicken sowie Automatisierungen profitieren und würden in die Lage versetzt, Innovationen zu beschleunigen, hieß es damals in einer Mitteilung des deutschen Softwareanbieters. Mit Hilfe von IBM Watson sei ein effizienteres Arbeiten im gesamten SAP-Portfolio möglich.

Für SAP-Chef Christian Klein war die IBM-Kooperation im vergangenen Jahr ein Meilenstein.
Für SAP-Chef Christian Klein war die IBM-Kooperation im vergangenen Jahr ein Meilenstein.
Foto: DSAG

SAP-CEO Christian Klein bezeichnete die KI-Kooperation mit IBM als wichtigen Meilenstein. IBM-Chef Arvind Krishna ergänzte vor einem Jahr: "Mit dieser Ankündigung verankern wir die leistungsstarken KI-Funktionen von IBM Watson in der führenden ERP-Plattform von SAP." Seitdem hat sich auf beiden Seiten gerade in Sachen KI viel getan. SAP hat im vergangenen Jahr angekündigt, KI-Innovationen nur noch für Kunden mit RISE- und GROW-Verträgen in der Cloud anzubieten, und seinen eigenen KI-Assistenten Joule vorgestellt.

Lesen Sie mehr Details über die Kooperation zwischen IBM und SAP:

Auch in Sachen RISE gibt es bereits Anknüpfungspunkte zwischen SAP und IBM. Der deutsche Softwarekonzern hatte sein Programm RISE with SAP Anfang 2021 vorgestellt, um Anwenderunternehmen den Weg in die Cloud mit einem weitgehend standardisierten Verfahren zu ebnen. Im Februar 2022 schloss sich IBM dem RISE-Programm an. Man werde Technologie und Beratungsservices bereitstellen, um Kunden einen einfacheren Umstieg auf ein hybrides Cloud-Modell und die Verlagerung geschäftskritischer Workloads von SAP-Lösungen in die Cloud zu ermöglichen, hieß es in einer Mitteilung von IBM.

IBM selbst hat 2023 mit Watsonx eine eigene KI-Offensive gestartet. Dabei handle es sich um eine KI- und Datenplattform, die es Unternehmen ermöglichen soll, KI-Technik mit vertrauenswürdigen Daten zu kombinieren, hieß es im Mai 2023. Die IBM-Verantwortlichen sprachen von einem vollständigen Technologiepaket, mit dem Anwenderunternehmen KI-Modelle trainieren, optimieren sowie Foundation Modelle und Machine Learning einsetzen könnten. Mit den Granite Series Foundation Models schob der IT-Pionier im September 2023 einen GenAI-Baukasten sowie generative KI-Basismodelle nach.

Mit RISE mehr SAP-Kunden schneller in die Cloud bekommen

Angesichts all dieser Entwicklungen scheint es IBM und SAP nun darum zu gehen, ihre jeweiligen KI-Ansätze auf eine gemeinsame Linie zu bringen und ihre Partnerschaft nachzujustieren. "Es ist naheliegend, dass wir unsere Partnerschaft mit IBM erweitern, damit mehr Kunden mit RISE with SAP schneller in die Cloud umsteigen und von generativer KI in der Cloud bestmöglich profitieren können", sagte Scott Russell, Chief Revenue Officer, Mitglied des Vorstands der SAP SE und Leiter des Bereichs Customer Success. Gemeinsamen Kunden würden sich neue Möglichkeiten eröffnen, da sie durch die Cloud, Daten und KI für Unternehmen Innovationen schaffen könnten, um weiter zu wachsen und ihr Unternehmen neu auszurichten.

Folgende Bereichen adressieren IBM Consulting und SAP mit ihrer KI-Initiative:

  • KI-Geschäftsprozesse: SAP und IBM wollen Möglichkeiten prüfen, neue Funktionen für generative KI für RISE with SAP zu entwickeln und KI in den SAP-Geschäftsprozessen von branchenspezifischen Cloudlösungen und Business-Anwendungen zu verankern. Zuerst plant IBM, die KI-Funktionen in den SAP-Cloudlösungen zu erweitern, die auf der SAP Business Technology Platform (SAP BTP) basieren. Dies umfasst RISE with SAP, GROW with SAP sowie Finance-Lösungen für den CFO, Lösungen für das Supply Chain Management und das Personalmanagement, Lösungen rund um SAP Customer Experience und für Intelligent Spend Management. Darüber hinaus plant IBM, SAPs Signavio- und Business-AI-Lösungen zu nutzen, um innovative Geschäftsprozesse über ein Proof-of-Concept-Programm zu definieren.

  • Branchenerweiterungen: IBM und SAP planen, intelligente branchenspezifische Anwendungsszenarien zu entwickeln, die auf datengestützten Erkenntnissen beruhen. Adressiert würden zunächst die industrielle Fertigung, die Konsumgüterindustrie, der Handel, Innere und Äußere Sicherheit, die Automobilindustrie und die Versorgungswirtschaft. IBM plant zudem, ein umfassendes Portfolio branchenspezifischer KI-Lösungen zu entwickeln, das über 100 KI-Lösungen für verschiedene Geschäftsbereichs- und Implementierungslösungen umfassen wird. Teil dieser Lösungen sollen sogenannte Value Maps sein. Darunter versteht IBM vorkonfigurierte Branchen-Templates, die innovative Geschäftsprozesse definieren und Chancen für den KI-Einsatz aufzeigen sollen. Kunden könnten auf diese neuen KI-Lösungen über die globalen Standorte der IBM Innovation Studios und SAP Innovation Center zugreifen.

  • Plattformarchitektur: Über die Partnerschaft "Value Generation" beabsichtigt IBM, Referenzarchitekturen bereitzustellen, die einen "Clean Core"-Ansatz unterstützen. Hierfür plant IBM, die SAP BTP sowie SAP-Signavio- und LeanIX-Lösungen zu nutzen. Mit diesen neuen Referenzarchitekturen ließen sich Standards für die Daten-, Prozess-, System- und Geräteintegration sowie die Verknüpfung und Automatisierung von Prozessen festlegen, hieß es.

  • Kundenansatz: IBM-Berater, die Kunden bei SAP-Projekten unterstützen, sollen die Möglichkeit bekommen, IBM Consulting Advantage, die IBM-Plattform für KI-Dienste, inklusive eigener Methoden, Lösungen und Assistenten zu nutzen. Das Ziel: Kunden könnte man damit wiederverwendbare und einheitliche Services anbieten. Zudem soll sich mit IBM die Bereitstellung von SAP-Lösungen effizienter gestalten lassen. IBM-Berater könnten dafür generative KI nutzen, zum Beispiel für die Erstellung von User Storys, Testskripts, Inhalten für Schulungen und das Change Management sowie Programmcode.

  • Ausbau des Partnernetzes: IBM und SAP wollen ihre Partnerschaft auf Grundlage ihrer jeweiligen Mitarbeiternetzwerke und Communitys auszuweiten. Hierzu zählen etwa das Business Women's Network bei IBM und SAP, das Programm SAP University Alliances, das SAP-Programm Veterans to Work und Veterans at IBM. Ziel ist es, die Arbeit mit SAP-Lösungen bei den Mitarbeitenden in der Beratung zu verstärken. Beide IT-Anbieter wollen auch nach neuen Wegen suchen, um bei Sozialprogrammen zusammenzuarbeiten, wie zum Beispiel bei der Schulung von benachteiligten Jugendlichen im IT-Bereich und der schnelleren Integration von Sozialunternehmen in globale Lieferketten.

  • IBMs Watsonx auf SAPs Generative AI Hub: Die IBM Granite-Serie soll in SAPs Cloud-Portfolio verankert werden - auf Basis des Generative AI Hub im SAP AI Core. Der Generative AI Hub ermögliche den Herstellern zufolge einen relevanten, verlässlichen und verantwortungsvollen KI-Einsatz für Unternehmen und biete Zugriff auf eine breite Palette von großen Sprachmodellen (Large Language Models, LLMs). Damit werde die Zusammenarbeit von IBM und SAP bei der Einbettung der IBM Watson AI-Technologie in SAP-Lösungen weiter ausgebaut, hieß es.