IT-Infrastruktur

Cloud Computing - das Buzzword des Jahres?

09.04.2008
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Auf den ersten Blick erscheint Cloud Computing nur als neues Hype-Thema, getrieben von Herstellern und Analysten. Doch Unternehmen können schon heute davon profitieren.

Wer eine einheitliche Definition für den Begriff Cloud Computing sucht, steht vor einem schier aussichtslosen Unterfangen. Je nach Interessenlage betonen Software-, Service- oder Infrastrukturanbieter unterschiedliche Aspekte. So erinnert etwa die Cloud-Vision von Salesforce.com stark an das altbekannte Paradigma der Software as a Service (SaaS). IBM dagegen hebt mit "Blue Cloud" in erster Linie auf die zugrundeliegende IT-Infrastruktur ab. "Die Cloud ist im Grunde genommen eine Kombination aus Grid-Computing, wo es um reine Rechenleistung geht, und SaaS", sagt wiederum Dennis Byron, Analyst beim Marktforschungsunternehmen Research 2.0.

Gartner beschreibt das Phänomen kurz als "Bereitstellen skalierbarer IT-Services über das Internet für eine potenziell große Zahl externer Kunden". Für das laufende Jahr planen die Analysten eine ganze Reihe einschlägiger Berichte und Studien. Das mit dem Konzept verbundene Veränderungspotenzial sei immens, so die Auguren, Cloud Computing werde sich zum "Buzzword des Jahres" entwickeln. Die Konkurrenten von Forrester Research haben rund 30 Unternehmen befragt, die sich in dem neuen Marktsegment tummeln, und daraus eine brauchbare Definition entwickelt. Cloud Computing steht demnach für einen "Pool aus abstrahierter, hochskalierbarer und verwalteter IT-Infrastruktur, die Kundenanwendungen vorhält und nach Verbrauch abgerechnet wird". Zugleich ziehen die Forrester-Experten eine scharfe Trennlinie zum SaaS-Paradigma (siehe Kasten "Cloud Computing versus SaaS").

Forrester Research beschreibt Cloud Computing als einen Pool aus abstrahierter IT-Infrastruktur, die Kundenanwendungen vorhält und nach Verbrauch abgerechnet wird.
Forrester Research beschreibt Cloud Computing als einen Pool aus abstrahierter IT-Infrastruktur, die Kundenanwendungen vorhält und nach Verbrauch abgerechnet wird.

Auch Frank Sempert vom Marktforschungs- und Beratungshaus Saugatuck Technology verweist auf diese Unterscheidung. Während SaaS-Anbieter sich nur auf die Anwendung konzentrierten, bündelten Cloud-Provider eine ganze Reihe von Komponenten für den Kunden. Dazu zählten unter anderem Netz-, Rechen- und Speicherresourcen samt entsprechenden Verträgen mit Zulieferern. Unterm Strich fasse die "Cloud" damit ganze IT-Welten zusammen.

Doch warum flammt der Hype gerade jetzt auf? Brauchen die Analysten nur ein neues Thema, die Hersteller eine Marketing-Hülle, in der sie altbekannte Konzepte servieren? Vieles spricht dafür, dass die Zeit für Cloud Computing gekommen ist, weil mehrere Schlüsseltechnologien - die viel zitierten Enabler - inzwischen ausgereift und praxiserprobt sind. Dazu gehört Virtualisierung in verschiedenen Ausprägungen ebenso wie Grid Computing oder ausgefeilte Provisioning-Software. Aber auch die allgemein verfügbaren hohen Bandbreiten für den Zugang zur "Compute Cloud" machen anspruchsvolle Angebote erst möglich.

Dennoch gibt es auch unter den Softwareanbietern kritische Stimmen. Jan Wildeboer etwa, Solution Architect bei Red Hat, sieht Cloud Computing als Teil des typischen "Buzzword-Bingo". Ebenso gut könne man das Phänomen "Outsourcing für Compute-Ressourcen" oder schlicht "Grid for Rent" nennen. Für Red Hat stecke hinter Cloud Computing letztlich nur eine neue Deployment-Plattform. Der Unterschied zu hergebrachten Ansätzen liege in der Abstrahierungsebene, die durch Virtualisierungstechniken gelegt werde.

Ganz anders Alfred Zollar, Chef der Tivoli-Sparte in IBMs Software Group. Bei Cloud Computing gehe es im Kern darum, Ressourcen dynamisch zur Verfügung zu stellen, erläutert der Manager im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Im Vergleich zu älteren Konzepten könnten Nutzer mit erheblich schnelleren Reaktionen auf Kapazitätsanfragen rechnen. IBM etwa nutze intern eine Cloud. Sie ermögliche es Mitarbeitern, sich mit wenigen Mausklicks eine gewünschte Rechenkapazität inklusive Speicher und sonstiger Komponenten zusammenzustellen. Die komplette Infrastruktur stehe nach zirka 20 Minuten bereit; Anwender würden automatisch per Mail benachrichtigt.