SAP-Arbeitsmarkt

Gute Chancen auch für Ältere

04.10.2011
Von 
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.
In Zeiten des IT-Fachkräftemangels müssen Arbeitgeber umdenken. Wie die Best Ager auf dem Arbeitsmarkt punkten können und was Arbeitgeber tun müssen, um an gute SAP-Fachkräfte zu kommen, darüber sprachen wir mit Susanne Glaser-Radtke, Geschäftsführerin der GIM-Gruppe.

CW: Frau Glaser-Radtke, wie schätzen Sie den Arbeitsmarkt für SAP-Experten derzeit ein?

Susanne Glaser-Radtke: "Ältere Bewerber müssen offen und flexibel sein."
Susanne Glaser-Radtke: "Ältere Bewerber müssen offen und flexibel sein."

Glaser-Radtke: Die Krise von 2008 / 2009 ist vorbei und der Arbeitsmarkt für die IT- und SAP-Beratung hat stark angezogen. Experten werden wieder verzweifelt gesucht. Das hat es lange nicht gegeben. Seit Herbst 2010 haben wechselwillige Kandidaten extrem gute Karten, und wir haben seit vielen Jahren erstmals wieder einen Arbeitnehmermarkt.

CW: Viele Unternehmen, die also vor zwei, drei Jahren entlassen haben, müssen jetzt wieder neu einstellen?

Glaser-Radtke: Ja, so ist es. Und die Arbeitgeber, die damals das Angebot zur Kurzarbeit in den Wind schrieben und sich lieber in vermeintlich gewohnter Weise von Personal trennten, haben es heute schwerer, wieder die richtigen Kandidaten an Bord zu nehmen. Denn gerade im SAP-Umfeld kommen die guten Kräfte entweder schnell in einem anderen Unternehmen unter oder machen sich selbständig. In Phasen von Abbau, Umbau, Aufbau, macht sich ein fairer Abschied von langjährig loyalen Mitarbeitern immer bezahlt, wenn es zu besseren Zeiten wieder heißt: Wir wollen wachsen!

Susanne Glaser-Radtke

Susanne Glaser-Radtke ist Geschäftsführerin der GIM Gruppe (www.gim-gruppe.com) und Personalberaterin mit Schwerpunkt IT / SAP. Im Auftrag personalsuchender Kunden, darunter DAX-Unternehmen, besetzt sie die unterschiedlichsten Vakanzen, durchaus auch mit 50+ Kandidaten. Zudem bietet sie Kandidaten Karriereberatung und Unterstützung im Bewerbungsprozess an. Ihr Credo lautet: Unabhängig ob Young Professional oder Grey Head, altersgemischte Teams können wechselseitig voneinander lernen und somit einen großen Wertschöpfungs-beitrag für ein Unternehmen leisten.

CW: Wie prekär ist die Situation für die Arbeitgeber konkret?

Glaser-Radtke: Laut der Studie "Recruiting Trends 2011", in der die Top 1000 Unternehmen in Deutschland befragt wurden, sind nahezu 37 Prozent aller Vakanzen schwer und etwa fünf Prozent gar nicht mehr zu besetzen. In den kritischen Bereichen Engineering und IT ist es bereits eng. Im Umkehrschluss heißt dies: SAP-Experten vom Entwickler bis zum Projektmanager haben derzeit gute Chancen.

CW: Gilt dies auch für ältere Bewerber?

Glaser-Radtke: Die große Nachfrage hat einen enormen Wandel am Arbeitsmarkt gebracht. Wurde vor noch gar nicht langer Zeit häufig ein Wunschalter zwischen maximal 40 bis 45 Jahren angegeben, ist die Erwerbsquote der 55 bis 64-jährigen auf fast 60 Prozent gestiegen. Wir erleben eine Erfahrungsrenaissance, und im Bewerbermarkt bewegen sich deutlich mehr Experten im Alter von 45 bis 58 Jahren. Zum einen ist es der Situation geschuldet, dass die Verrentung mit 67 auch für einen heute 50-jährigen noch viele attraktive Angebote am IT/SAP-Arbeitsmarkt bereithält, hat er oder sie doch noch ein Drittel der Lebensarbeitszeit vor sich. Andererseits wachsen die benötigten jungen Fachkräfte nicht so schnell nach.

CW: Haben Ältere denn wirklich Chancen gegenüber jungen Absolventen, die den Arbeitgeber weniger kosten?

Glaser-Radtke: Personalkosten sind immer ein Thema, wenn man unter Umständen zwei junge für einen erfahrenen Mitarbeiter einstellen könnte. Aber andererseits soll ein neuer Mitarbeiter von 0 auf 100 performen und sofort in Projekten "chargeable hours" schreiben. Das ist zweifellos der Vorteil der langjährig erfahrenen Projekteure. Absolventen bringen nicht die notwendige Erfahrung mit und müssen häufig auch noch die erforderlichen Soft Skills im Umgang mit Projektteammitgliedern und Kunden trainieren. Natürlich kommt es darauf an, wo man wen einsetzt, zum Beispiel als Projektassistent.