Fachkräftemangel: Wie man den Nachwuchs für die IT begeistert

19.03.2008
Von 
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.
Wie sich der IT-Fachkräftemangel in Deutschland verringern lässt und man mehr Studenten für die Informatik gewinnen kann, darüber diskutierten sechs Vertreter aus Industrie, Branchenverband und Hochschule.

Mit einer Arbeitslosenquote von nur rund zwei Prozent haben wir derzeit Vollbeschäftigung in der IT-Branche", erklärte Thomas Mosch, Mitglied der Geschäftsleitung des Branchenverbands Bitkom, vor kurzem im Job- und Karriereforum der COMPUTERWOCHE auf der CeBIT 2008. Seinen Ausführungen zufolge gibt es rund 18.000 freie Stellen im Bereich Softwareentwicklung und IT-Services. Aber auch die Fachabteilungen suchen IT-Experten - laut Mosch sind zur Zeit 25.000 Plätze zu besetzen. "Und die Lage wird sich weiter verschärfen", warnte der Bitkom-Sprecher.

Hier lesen Sie …

warum der Branche Fachkräfte fehlen;

wie man das Image der IT verbessern kann;

was Unternehmen und Universitäten gegen den Fachkräftemangel tun können.

Die Fachabteilungen klauen die IT-Spezialisten

Einer Studie des Marktforschungsinstituts Aris zufolge arbeiten derzeit rund eine Million IT-Experten außerhalb der IT- und Telekommunikationsbranche. Auch zwischen den unternehmenseigenen IT-Abteilungen und den Fachbereichen herrscht Wettstreit um die besten IT-Köpfe. Oliver Tuszik, Mitglied des Vorstandes bei Computacenter, bestätigt das: "Die Fachabteilungen klauen den IT-Abteilungen die IT-Experten."

Da viele Berufsbilder immer komplexer werden und die IT auch aus Bereichen wie etwa Marketing und Vertrieb nicht mehr wegzudenken ist, entstehen zunehmend neue Stellenprofile in anderen Abteilungen, die auch IT-Kenntnisse umfassen. Edgar Aschenbrenner, Mitglied der Geschäftsführung von HP Services, hob drei Bereiche besonders hervor, in denen sich viele neue IT-Arbeitsplätze herausbilden: an der Schnittstelle zwischen Geschäftsprozessen und IT, im Bereich Business-IT-Alignment und da, wo es um das Thema Kosteneinsparung wie etwa in der IT-Administration gehe.

Aufräumen mit dem Klischee des Computer-Nerds

Doch woher sollen die Profis kommen? Die Universitäten schicken nicht genug Nachwuchskräfte: 2007 beendeten nur 28.360 Studenten ihr Informatikstudium, das sind fünf Prozent weniger als noch im Jahr davor. Wie also kann man mehr junge Leute für ein Informatikstudium begeistern? "Wir müssen unseren Berufsstand sexy machen", forderte Tuszik Unternehmen und Branchenverbände auf. "Und zwar nicht nur, wenn die Konjunktur gut ist, sondern langfristig." Es gehe darum, das Image der IT-Branche zu verbessern. Laut Tuszik müsse man den Studenten klarmachen, dass die Branche Zukunft habe, stabil sei und zu den innovativsten der Welt gehöre.

Thomas Mosch, Bitkom: 'Wir brauchen im Vorabendprogramm eine Daily Soap, wo der Held ein Informatiker ist.'
Thomas Mosch, Bitkom: 'Wir brauchen im Vorabendprogramm eine Daily Soap, wo der Held ein Informatiker ist.'
Foto: Thomas Mosch

Bitkom-Mann Mosch legte nach: "Wer wird denn die Klimaprobleme der Welt lösen? Wer macht intelligente Medizintechnik? Das sind Informatiker!" Um mit dem Klischee des Computer-Nerds im Karohemd aufzuräumen, müsse man in der breiten Öffentlichkeit ein wirklichkeitsgetreues Bild des Informatikers zeichnen. "Wir brauchen im Vorabendprogramm eine Daily Soap, wo der Held ein Informatiker ist", so Mosch weiter, denn die Branche sei attraktiv, nur wisse das keiner.