Neue Mitarbeiter und Berater

Wo wird aus Insiderwissen Betriebsblindheit?

11.11.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Neue Mitarbeiter im Betrieb

Gleiches gilt für die Mitarbeiter: Neue Mitarbeiter sollen Kunden, Lieferanten oder Produktionsideen mitbringen. Auch das geht am einfachsten, wenn sie aus der eigenen Branche, am besten vom Wettbewerb kommen. Hier verlangt das Unternehmen häufig nach den Sahnehäubchen zusätzlich zur Einstellung. Der Wettbewerb soll durch die Abwerbung personell geschwächt werden und vielleicht bringt der neue Mitarbeiter sogar ein paar Kunden mit. Aber was macht ein Wettbewerber, dem solches widerfährt? Er schlägt zurück - er wirbt unsere Leute ab, übernimmt Teile unser Kunden, Lieferanten oder Produktikonsideen und unterbietet unsere Preise. Wir werden dadurch untereinander immer ähnlicher und unsere Margen werden immer schlechter.

All things are similar

Alle Dinge sind ähnlich; dieses Zitat eines englischen Wissenschaftlers bringt es auf den Punkt. In fast jeder Produktion wird gelagert, gemahlen, erhitzt, gekühlt, gemischt, verpackt oder transportiert. In allen Organisationsbereichen gibt es immer wieder Arbeitsabläufe, die mit Kunden, Lieferanten, Produkten oder Mitarbeitern zusammenhängen. Im Vertrieb schließlich bestehen Kunden, Märkte, Marketinginstrumente und Vertriebskonzepte. In einem Mischer z.B. kann man Zement oder Cornflakes mischen - es liegt in der Qualifikation des Mischerherstellers, dieses Problem zu lösen; im Vertrieb heißt es, die richtigen Kunden, Märkte oder Marktinstrumente auszuwählen, denn nutzen könnte man theoretisch alle. Es ist also viel wichtiger, den Prozess allgemein branchenübergreifend zu betrachten, als den Focus nur auf einen bestimmten Markt zu legen und nur die marktgängigen Instrumente einzusetzen.

Über den Tellerrand schauen

Ein Spruch, den jeder kennt, jeder als positiv bewertet und von dem jeder sagt, dass er ihn befolgt. Aber befolgen wir diese Regel, wenn wir uns nur in unserer Branche entwickeln? Wer geht auf Messen, die gar nichts mit dem eigenen Markt zu tun haben. Wer besucht Länder, wo Menschen und Unternehmen andere Philosophien als die eigenen verfolgen. Wer arbeitet mit Beratern oder Mitarbeitern, die manchmal nicht nur aus einer anderen Branche, sondern sogar aus ganz anderen Unternehmensbereichen kommen.

Die klassische Ausrede "Das machen wir, wenn wir mal Zeit haben" kommt hier zum Einsatz, und Zeit haben wir nie. Es gehört bei vielen Unternehmen einfach nicht zu den Prinzipien, fremde Märkte zur Entwicklung des eigenen Betriebes heranzuziehen. Nur wer Neues ausprobiert, schafft auch Neues. Über den Tellerrand schauen erweitert das Blickfeld auf das eigene Unternehmen und auf neue Märkte. Um Süßigkeiten im Baumarkt zu verkaufen, muss man Märkte kennen gelernt haben, in denen das funktioniert. Oder innovative Mitarbeiter haben, die das einfach mal ausprobieren.