Mobile Technologien in der Praxis

WLAN hat die Nase vorn

16.03.2004
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

Kabelersatz im Büro

Von der Bildfläche verschwinden wird Bluetooth aber nicht: Der ehemals gefeierte Hoffnungsträger für drahtlose Kommunikation leistet beste Dienste, wenn es darum geht, das Kabelwirrwarr zu entflechten. So lassen sich PCs, Drucker, Fax und mobile Endgeräte wie Notebooks, PDAs oder Handys mit Bluetooth-Schnittstellen bequem und kabellos verbinden.
Auch WLANs haben als großflächige Zugangstechnologie ihre Tücken: Aufgrund der Vielzahl der Betreiber gibt es unterschiedliche, gelegentlich komplizierte Einwahlprozeduren und weder durchgängige Tarife noch ein einheitliches Abrechnungsmodell. Wer viele Hotspots nutzt - im Hotel, Café, am Flughafen und auf der Messe -, muss für jede Nutzung einzeln völlig unterschiedliche Beträge bezahlen. Gerade für Business-Kunden kein attraktives Zahlungsmodell. Zudem ist ein Roaming - also der automatische Wechsel von einem Hotspot zum nächsten - selbst bei dicht zusammenliegenden Funknetzen nicht möglich. Die in der Regel unterschiedlichen Betreiber machen bei jedem Ortswechsel eine erneute Anmeldung am Netz erforderlich.

Vorsicht am Hotspot!

Zudem geraten Funknetze gelegentlich durch Sicherheitsmängel in die Schlagzeilen: Immer wieder dringen „Drive-by-Hacker“ in schlecht gesicherte WLANs ein. Der Geschäftsreisende steht deshalb vor der Frage, ob der Betreiber des gerade genutzten Hotspot alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat oder ob seine sensiblen, durch die Luft gefunkten Firmendaten auf einem Hacker-Laptop landen. Sicherheitsbewusste WLAN-Nutzer treffen deshalb eigene Vorsichtsmaßnahmen und benutzen ein VPN (Virtual Private Network), wenn sie von einem öffentlichen Hotspot aus sensible Daten verschicken oder auf das Unternehmens-Intranet zugreifen. UMTS und GPRS gelten dagegen auf der Funkstrecke als weniger abhörgefährdet - aber auch hier lässt sich die Sicherheit der Datenübertragung mit VPNs erhöhen. WLANs haben nicht nur an öffentlichen Orten Einzug gehalten: Immer häufiger setzen Unternehmen auf die drahtlosen Netze für die Kommunikation auf dem Firmengelände. Größere Flexibilität für Laptop-Nutzer, Einsparungen bei Verkabelungskosten oder das Überbrücken von Distanzen zu anderen Gebäuden sind die Hauptargumente der Nutzer.
So hat der mittelständische Flachglas- Verarbeitungsbetrieb Glasid AG in Essen mehrere Firmengebäude mit einem WLAN verbunden. „Wir hatten das Problem, dass unsere Betriebsstätten einige hundert Meter auseinander liegen und durch öffentliche Straßen voneinander getrennt sind“, sagt Thomas Böhnke, EDV-Leiter des 150- Mann-Unternehmens. Das drahtlose Funknetz ersetzt jetzt eine Richtfunkstrecke; etwa 70 Mitarbeiter sind durch das WLAN an die Unternehmens- IT angeschlossen.

WLAN im Firmennetz

Die drei Nebengebäude selbst sind verkabelt, das drahtlose Netz dient lediglich als Funkbrücke. Die Sicherheit der drahtlosenVerbindung ist durch Verschlüsselung gewährleistet. Ausschlaggebend für Böhnke waren die Kosten: Etwa fünfmal teurer wäre die Verkabelung unter der Erde gewesen. „WLANs sind inzwischen gängige Technik - die Kosten für Hardware und Administration sind moderat und rechnen sich für uns allemal“, sagt der EDV-Leiter.
Der Techconsult-Studie „Wireless LAN in Deutschland“ zufolge wird der deutsche Markt für WLAN-Equipment 2004 um rund 24 Prozent auf über 230 Millionen Euro steigen. Zurzeit setzen 15 Prozent der deutschen Unternehmen ab 20 Mitarbeitern lokale drahtlose Netzwerke in ihren Geschäftsräumen ein, weitere sechs Prozent planen die Einführung bis Ende 2005. Rund fünf Prozent der Unternehmen ab 20 Mitarbeitern nutzen regelmäßig Hotspots für die Datenkommunikation.
Bei den professionellen Hotspot- Usern stehen die Mobile-Office- Funktionen wie E-Mail, Adressbuch und Kalender im Vordergrund. Erste Erfahrungen hat Roman Friedrich als Vodafone-Testkunde gesammelt. Der Geschäftsführer der Düsseldorfer Niederlassung des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton ist als Frequent Traveller von den Vorzügen des neuen Breitbandnetzes überzeugt: „Die Abdeckung in den Ballungsräumen ist sehr gut, ebenso wie die Übertragungsrate“, hat Friedrich festgestellt. Der schnelle Zugriff auf Office-Anwendungen, E-Mail, Inter- und Intranet habe ihm seine Arbeit erheblich vereinfacht. Besonders hilfreich fand Friedrich, dass er auch unterwegs, etwa während einer Taxifahrt, weiter an seinem Laptop arbeiten konnte. Natürlich war er von der geringeren GPRS-Datenübertragungsrate außerhalb der UMTS-Netzabdeckung nicht begeistert. Das automatische Umschalten zu GPRS bei fehlender UMTS-Netzabdeckung hat aber problemlos geklappt - ohne Verbindungsverlust.
Heute benutzen die meisten mobilen Mitarbeiter beim ortsunabhängigen Datenzugriff auf Unternehmensdaten noch das Festnetz. Dass sich auch so ein leistungsfähiges Außendienstsystem betreiben lässt, stellt der deutsche Modellbau- Marktführer Revell unter Beweis. Der Mittelständler mit 180 Mitarbeitern hat alle 30 Vertriebsmitarbeiter mit Tablet-PCs ausgestattet. Einmal täglich schicken sie über eine Festnetzleitung ihre Tagesbestellungen an den Hauptsitz in Bünde und synchronisieren ihren Datenbestand mit dem dortigen Server. „Das dauert nicht länger als zwei Minuten, weil unser System so ausgelegt ist, dass nur neue oder veränderte Daten übertragen werden“, sagt Manfred Abel, Leiter IT- und Infrastruktur bei Revell. Auf den Tablet-PCs ist neben dem reinen Bestellsystem ein komplettes Kunden-Informationssystem installiert. Es enthält Umsätze jedes Kunden aus dem vergangenen und den laufendem Jahr, Stückzahlen pro Artikel, Rückstände und Neuheiten sowie den Lagerbestand im Zentrallager. „Unsere Außendienstler sind stolz auf das System, weil sie damit immer aktuelle Informationen haben - das macht auch beim Kunden einen guten Eindruck.“ Für besonders eilige Aufträge oder sehr große Bestellmengen hat das System einen mobilen Kanal: Direkt beim Kunden werden per Infrarotverbindung zum Handy die Daten über GSM in die Zentrale gesendet. Die sehr niedrige Übertragungsrate des GSM-Standards spielt dabei keine große Rolle. Kaum eine halbe Minute dauert das Übertragen der Bestellung. Zudem hat der IT-Leiter mit seinem Netzbetreiber besonders günstige Tarife für Mobilverbindungen zur Zentrale ausgehandelt. UMTS ist für ihn zurzeit nicht interessant: „Das bringt nur höhere Kosten und keinen greifbaren Vorteil. Mit unserem jetzigen System sind wir tagesaktuell, das reicht für uns aus.“ (uk)