Mobile Technologien in der Praxis

WLAN hat die Nase vorn

16.03.2004
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Drahtlose Dienste und Anwendungen standen in den vergangenen Jahren regelmäßig im Mittelpunkt der CeBIT. Auch heuer gehört das Thema Mobility wieder zu den zehn Top-Themen der Messe. Und nach langer Funkstille meldet sich die UMTS-Technik in der Öffentlichkeit zurück.

REINER KRÜGER, Geschäftsführer der Behindertenhilfe Berlin Süd-West des Deutschen Roten Kreuz, ist begeistert: „Mit UMTS bin ich mit meinem Notebook jederzeit online, habe Zugriff auf EMails, Faxe und meine Dateien auf dem Server im Büro - und das alles 20 bis 30 Mal schneller als vorher über GPRS.“ Er gehört zu den ausgewählten Kunden, die seit Dezember vorigen Jahres das Vodafone- UMTS-Netz testen durften. Sein Fazit: nie wieder zurück zu langsameren Übertragungsraten -auch seinen Führungskräften spendiert er jetzt UMTS-Karten.
Vodafone ist als erster Betreiber Mitte Februar mit seinem Breitbandnetz für Datendienste online gegangen. Zur CeBIT verkündet O2 den Start des zweiten deutschen UMTS-Netzes. Die beiden anderen Besitzer von UMTS-Lizenzen, T-Mobile und E-Plus, folgen im Laufe des Jahres. Damit sind UMTSNetze, auf der CeBIT seit Jahren angekündigt und immer wieder verschoben, jetzt endlich Realität.
In Metropolregionen hat der UMTS-Kunde spätestens Ende des Jahres die Wahl zwischen vier Providern; auf dem flachen Land hingegen wird das Breitbandnetz auf absehbare Zeit nicht verfügbar sein. Ob, wo und wie schnell die Betreiber ihre Netze ausbauen, hängt im Wesentlichen von den Nutzerzahlen und den Einnahmen durch die neue Breitbandtechnologie ab.
Unter Experten ist umstritten, welche Klientel zum Treiber des neuen Geschäfts wird. Auf der einen Seite setzen die Telecoms ihre Hoffnung auf den Consumer-Markt: Mit neuen Handys als Endgeräten sollen Sprach- und Datendienste wie Internet-Zugang, MMS, E-Mail oder Videoclips Umsatz bringen. Auf der anderen Seite stehen Business- Anwender, deren Interesse an Unterhaltung via Handy jedoch sehr begrenzt ist. Sie sollen mit Steckkarten für Notebooks, Tablet-PCs und PDAs die breitbandigen Datendienste zur verbesserten Unternehmenskommunikation nutzen.

UMTS-Tarife noch offen

„Auch in diesem Segment wird die Tarifgestaltung eine wesentliche Rolle dabei spielen, ob das UMTSAngebot in den Unternehmen ankommt“, sagt Peter Scheer, Manager Consultant bei der Metagroup. Dass es sich hier um einen Wachstumsmarkt handelt, ist unumstritten: „Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung besitzen ein Handy - damit ist der private Markt weitgehend ausgereizt; bei den mobilen Datendiensten gibt es hingegen noch ein gewaltiges Potenzial“, sagt Jan ten Sythoff, Analyst für mobile Datenkommunikation bei Frost & Sullivan.
Hauptgründe für die Zurückhaltung der Unternehmen: hohe Umsetzungskosten, Unsicherheit in Bezug auf die Betriebskosten und Sicherheitsbedenken. Ob UMTS die Entscheidung für mobile Lösungen erleichtert, steht noch dahin. Denn während die Unternehmen auf die Erfüllung des Versprechens flächendeckender Breitbandnetze warteten, haben sie, der Not gehorchend, in andere drahtlose Techniken investiert. Die ehemaligen Lückenbüßer GPRS und WLAN sind so zu ernsthaften Konkurrenten von UMTS herangewachsen.
GPRS, ein Paket-basierter Datendienst, ist fast flächendeckend verfügbar, erlaubt aber nur die ent vergleichsweise geringer Datenvolumen. Das muss kein Problem sein: „Intelligent konzipierte mobile Anwendungen können durchaus mit geringen Übertragungsraten auskommen“, sagt Manfred Waldmeyer, Geschäftsführer der auf mobile Lösungen spezialisierten Open-Software GmbH aus Elmshorn bei Hamburg. Auch E-Mails und Workgroup-Collaboration stellen für GPRS keine Hürde dar - problematisch sind lediglich große Anhänge wie PDFFiles oder Präsentationen, die inakzeptable Ladezeiten verursachen. Außerdem sorgen große Datenmengen bei GPRS für hohe Kosten, so dass sich GPRS-Dienste hauptsächlich für Dienste mit geringen Datenvolumina eignen.

Prozesse optimiert mit GPRS

Die Union Technik GmbH & Co. KG aus Duisburg hat ihre Service- Techniker mit einer mobilen GPRSLösung ausgestattet. Die Außendienstler sind bundesweit für die Wartung und die Störungsbeseitigung von rund 1500 Tankstellen zuständig. Sie reparieren Preistransparente, Automatiktüren, Rolltore, Kühl-, Heizanlagen und Zapfsäulen. Mit einer Kombination aus PDA und Tablet-PC sind sie via GPRS an das zentrale System angeschlossen. Ihre Aufträge erhalten sie per Datenübertragung auf ihren PDA - zudem haben sie Zugriff auf eine zentrale Datenbank. Dort sind alle Kunden mit ihren jeweiligen Gerätebestandsdaten gespeichert - etwa 38 000 Geräte mit jeweils 15 bis 20 Attributen. Dadurch weiß der Servicetechniker schon auf dem Weg zum Kunden, was ihn erwartet, und kann Ersatzteile, die er nicht dabeihat, per Kurier anliefern lassen. Das ermöglicht eine erheblich genauere Planung der Ersatzteilversorgung, die Lagerhaltungskosten sind um 15 bis 20 Prozent gesunken. Zusätzlich sind alle Fahrzeuge mit GPSOrtung ausgestattet, um die Einsatzlogistik zu optimieren und Anfahrten zu verkürzen. Das System ist so erfolgreich, dass es nicht nur mit dem Deutschen Internet-Preis ausgezeichnet wurde, sondern Union inzwischen als Dienstleister auch die Servicetechniker von Fremdfirmen managt. (Ausführliche Projektbeschreibung unter www.cw-mittelstand.de/index.cfm?webcode=561611)
Aber nicht jedem reichen die Bandbreiten von GPRS. Als Alternative haben so genannte WLANHotspots einen ungeheuren Aufschwung erlebt. In Hotels, an Flughäfen, Bahnhöfen, Messehallen und zunehmend in Cafés, Restaurants sowie an öffentlichen Orten sind drahtlose Netzwerke installiert.
Mit dem Erfolg der WLANs ist der einst hochgelobte Standard Bluetooth fast auf der Strecke geblieben. Geringere Reichweiten und schmalere Bandbreiten haben den „Blauzahn“ als großflächige drahtlose Zugangstechnologie ins Abseits gedrängt.