Windows Server 2008: Rollen und Server Core

12.03.2008
Von Michael Pietroforte

Server Core

Mit "Server Core" bringt Microsoft erstmals seit MS-DOS wieder ein Betriebssystem auf den Markt, das weitgehend ohne grafische Benutzeroberfläche auskommt. Es handelt sich dabei jedoch nicht um ein eigenständiges Produkt, sondern lediglich um eine spezielle Installationsoption von Windows Server 2008. Zu Beginn der Server-Installation hat der Administrator die Möglichkeit, zwischen der Standardausgabe von Windows Server 2008 und Server Core zu wählen.

Bei Server Core handelt es sich um eine Installationsvariante ohne grafische Oberfläche. Besonders Unix-Administratoren sollten sich dort wohl fühlen, sie müssen sich allerdings mit einem kleinen Werkzeugkasten begnügen.
Bei Server Core handelt es sich um eine Installationsvariante ohne grafische Oberfläche. Besonders Unix-Administratoren sollten sich dort wohl fühlen, sie müssen sich allerdings mit einem kleinen Werkzeugkasten begnügen.

Das erinnert ein wenig an das Installationsverfahren bei einigen Linux-Distributionen. Allerdings gibt es doch einen ganz wesentlichen Unterschied: Während man unter Linux das X-Window-System noch nachträglich einrichten kann, ist dies bei Server Core nicht vorgesehen. Ebenso wenig ist es möglich, eine Standardinstallation von Windows 2008 in Server Core umzuwandeln.

Außer der grafischen Benutzeroberfläche fehlen Server Core auch Gerätetreiber, die in einer Server-Umgebung normalerweise nicht benötigt werden. Die Zahl der Server-Dienste wurde im Vergleich zur Standardausgabe etwa halbiert und zudem sind bei der abgespeckten Installation auch nicht alle Rollen und Funktionen verfügbar.

Nach der Installation sind die üblichen Konfigurationsarbeiten (Netzwerk, Domänen-Anbindung, Firewall-Einstellungen usw.) auf der Kommandozeile durchzuführen. Selbst erfahrene Windows-Administratoren müssen hier eingeübte Handgriffe ganz neu erlernen. Systemverwalter aus der UNIX-Welt werden sich dagegen unter Server Core heimischer fühlen. Gleichwohl sind viele Befehle lange nicht so elegant wie etwa unter Linux. Der Verweis auf einen DNS-Server wird unter Server Core beispielsweise mit dem folgendem langwierigen Kommando konfiguriert:

netsh interface ipv4 set dnsserver "Local Area Connection? static DNS-IP

Sind die ersten grundlegenden Konfigurationsarbeiten abgeschlossen, kann Server Core jedoch wie jeder andere Windows-Server auch remote mit den üblichen grafischen Tools verwaltet werden. Die Konfiguration über Group Policies und den Windows Scripting Host (WSH) ist ebenfalls möglich. Erstaunlicherweise wird PowerShell nicht von Server Core unterstützt. Microsofts mächtige neue Shell und Script-Sprache wäre gerade unter Server Core sehr hilfreich gewesen. PowerShell ist auf das .NET Framework angewiesen, das unter Server Core ebenfalls nicht zur Verfügung steht. Gerüchten zufolge ist jedoch eine abgespeckte .NET-Variante bereits in Arbeit. Langfristig wird dann wohl auch PowerShell unter Server Core eingesetzt werden können. (ws)

Server Core: Stärken und Schwächen

Plus

  • Geringerer Resourcenverbrauch. Im Test ließ sich mit 512 MB Arbeitsspeicher gut mit Server Core arbeiten. Auf der Festplatte beansprucht Server Core im Vergleich zur Standardausgabe nach einer Neuinstallation gar nur ein Drittel des Platzes;

  • Höhere Sicherheit, da die Angriffsfläche deutlich geringer ist;

  • Geringerer Verwaltungsaufwand, weil das Betriebssystem seltener zu aktualisieren ist und daher auch weniger häufig neu gestartet werden muss;

  • Kürzere Boot-Zeiten;

Minus

  • Teilweise umständliche Kommandos, die Einarbeitungsphase erfordern.

  • Für viele Konfigurationen muss der Administrator direkt auf die Windows-Registry zugreifen, was das Risiko, den Server durch eine Fehlkonfiguration lahmzulegen, beträchtlich erhöht.

  • Beschränkt auf wenige Aufgaben.

  • Grafische Oberfläche lässt sich nicht nachinstallieren

  • Die meisten unter Windows verfügbaren Anwendungen setzt eine Umgebung mit grafischer Oberfläche voraus. Sie laufen nicht unter Server Core. Selbst jene Anwendungen, die sich auch über das Netz mit grafischen Tools verwalten lassen würden, können unter Server Core häufig schon deshalb nicht eingesetzt werden, weil das Installationsprogramm eine grafische Oberfläche voraussetzt.