Personalsuche

Wie ein Mittelständler Hochschulen anzapft

26.11.2010
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Der Hamburger IT-Dienstleister Akra pflegt engen Kontakt zu wissenschaftlichen Ausbildungsstätten und findet so talentierte Fachkräfte.

Laut August-Wilhelm Scheer, Präsident des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom), hat der Expertenmangel "strukturelle Gründe, die mit mehr Nachdruck angegangen werden müssen". Aus Sicht des Bitkom sollten vor allem das Bildungssystem modernisiert, der Frauenanteil in der Branche gesteigert und eine aktive Zuwanderungspolitik betrieben werden.

Nachwuchs an die Firma binden

Doch es kann durchaus noch dauern, bis die Politik derartige Änderungen umgesetzt hat - Zeit, die ein Mittelständler wie Akra nicht hat. Der Hamburger IT-Dienstleister hat sich daher entschlossen, eine eigene Strategie zu entwickeln, um dem Fachkräftemangel Herr zu werden. Das Unternehmen befindet sich mit seinen 60 Mitarbeitern seit Jahren auf Wachstumskurs und sucht derzeit zehn Softwareexperten.

Thomas Ochmann, Akra: "Die soziale Bindung der Mitarbeiter an die Firma ist uns wichtig."
Thomas Ochmann, Akra: "Die soziale Bindung der Mitarbeiter an die Firma ist uns wichtig."
Foto: Ochmann Thomas/Akra

"Hätten wir uns keine ausgeklügelte Strategie zurechtgelegt, würden wir derzeit sicher 15 bis 20 IT-Profis suchen müssen", sagt Akra-Geschäftsführer Thomas Ochmann. Bestandteil dieser Strategie sei, Nachwuchskräfte frühzeitig an die Firma zu binden, intensiv zu fördern und aufzubauen. Darum pflegen die Hamburger einen engen Kontakt zu wissenschaftlichen Ausbildungsstätten. So besteht zur Fachhochschule Wedel schon seit einigen Jahren eine gute Verbindung, unter anderem durch die Lehrtätigkeit des Geschäftsführers Jörg Krüger, der dort Geschäftsprozessmodellierung unterrichtet.

Auf die Universitäten in Kiel, Lübeck und Hamburg sowie die Fachhochschule Lübeck und die Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW) wurde das Engagement ausgeweitet, so dass auf diesem Weg nicht nur Studenten, die mitten in der Ausbildung sind, den Weg zum Hamburger IT-Dienstleister finden. "Wir beschäftigen auch Absolventen, die an ihrem Bachelor, ihrem Master oder auch ihrer Doktorarbeit sitzen", so Akra-Berater Oliver Hankel, der sich um den IT-Nachwuchs kümmert. "Wir picken uns damit früh die besten von den immer weniger werdenden Informatikabsolventen heraus. Damit sind nicht diejenigen gemeint, die einen stromlinienförmigen Lebenslauf haben, sondern künftige Mitarbeiter, die genauso individuell wie unsere Kunden sind."

Studentenbetreuung ist aufwendig

"Die Kontaktpflege zu den Hochschulen und die Betreuung der Studenten binden eine Menge Arbeitskraft und Zeit, doch wir sind überzeugt, dass es sich am Ende lohnt - sowohl für die Studenten als auch für uns", so Hankel. Dies liege nicht zuletzt auch daran, dass die Mitarbeiter große Freiheiten genießen. Das geht so weit, betont Hankel, dass sie an Themen arbeiten können, die nicht primär mit den Geschäftsfeldern der Firma zu tun haben. "Vor Kurzem hat ein Student bei uns iPhone-Applikationen entwickelt, was nicht unser Geschäft ist - es war und ist spannend", so Hankel. Ergebnis der Bemühungen: Alle, die bei Akra ihre Abschlussarbeit geschrieben haben, sind danach geblieben, versichert der Nachwuchsbetreuer. Ziel sei es, auch weniger erfahrenen Experten ein gesichertes und interessantes Umfeld mit Aufstiegschancen zu bieten. "Die soziale Bindung der Mitarbeiter an unsere Firma ist uns wichtig", wirbt auch Ochmann.

Dienstags wird geredet

Ein Vehikel hierfür sind Veranstaltungen wie der Ruby Tuesday. Dabei treffen sich Akra-Mitarbeiter und andere interessierte Personen jeden zweiten Dienstag zwischen 17 und 19 Uhr und berichten aus ihren aktuellen Projekten und Erfahrungen im Umfeld von Ruby-on-Rails-Techniken. Wichtige Bindungselemente sind ein attraktives Gehalt, regelmäßige Fortbildungen sowie vielfältige Einsatzmöglichkeiten in unterschiedlichen Technologien und Branchen. "Wir versuchen, für einen Mitarbeiter das ideale Projekt zu finden. Und wenn mal nicht alles passt, halten wir gemeinsam nach Alternativen Auschau", so Ochmann.