CEO Pat Gelsinger im Interview

“VMware entwickelt sich zum Cloud-Provider”

25.06.2013
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Software Defined Data Center: VMware spielt mit

Genau genommen versucht VMware ja, eine umfassende System-Management-Schicht für Unternehmen bereitzustellen. Damit konkurrieren Sie mit den ganz großen System Management-Anbietern vom Schlage der „Big Four“ IBM, HP, BMC und CA. Wie differenzieren Sie sich?

"Wenn ein Kunde heute einen Service-Katalog oder ein Self Service-Portal aufbauen will, kann er vCloud Automation Center – ehemals DynamicOps – einsetzen."
"Wenn ein Kunde heute einen Service-Katalog oder ein Self Service-Portal aufbauen will, kann er vCloud Automation Center – ehemals DynamicOps – einsetzen."
Foto: VMware

Gelsinger: Unsere Strategie unterscheidet sich von diesen Anbietern. Wir haben beispielsweise kein CMDB-Tool (Configuration Management Database). Für die klassischen System Management-Anbieter ist das ein Must-have. Wir konzentrieren uns auf Cloud Operations, Cloud Provisioning, auf Dinge wie Self Service Portale. Hier spielt unser Zukauf von DynamicOps eine wichtige Rolle. DynamicOps managt nicht nur Workloads in der Cloud sondern auch solche, die in älteren, nicht virtualisierten Infrastrukturen laufen. Wenn ein Kunde heute einen Service-Katalog oder ein Self Service-Portal aufbauen will, kann er vCloud Automation Center – ehemals DynamicOps – einsetzen.

Wir verfolgen also einen heterogenen Ansatz, der auch Produkte außerhalb der VMware-Welt einbezieht. Mit der Version 5.2., die aktuell auf den Markt gekommen ist, wurden weitere neue Funktionen und Integrationen aufgenommen: So können verschiedene Endpoints als Grundlage für Provisionierung von neuen Services verwendet werden, egal ob es sich um verschiedene Hypervisoren, physische Plattformen (Server) oder verschiedene IaaS-Cloud-Angebote handelt.

Das nächste große Ding in der RZ- und Virtualisierungs-Szene scheint das sogenannte Software Defined Data Center zu werden. Viele Analysten sprechen davon, unter den Hersteller gehört VMware zu den größten Protagonisten. Können Sie unseren Lesern in zwei Sätzen erklären, was dahinter steckt und wie Unternehmen davon profitieren sollen?

Gelsinger: Im Grunde geht es um dieselbe Idee wie bei der Server-Virtualisierung. Ziel ist es, eine virtuelle Schicht für alle Rechenzentrumskomponenten, also Server, Storage, Networking, Security und Rechenleistung im Data Center einzuziehen. Warum brauchen Unternehmen so etwas? Aus den gleichen Gründen, die auch für die extrem erfolgreiche Server-Virtualisierung sprechen: Kostenvorteile, einfachere Bereitstellung von IT-Ressourcen und deutlich weniger Verwaltungsaufwand.

Wir glauben fest daran, dass dies auch für die anderen Segmente im RZ gelten wird. Beispielsweise werden sich künftig Netzwerk-Services ebenso rasch auf Knopfdruck bereitstellen lassen wie heute eine virtuelle Maschine. Dazu integrieren wir unsere eigenen Produkte mit den Netzwerk-Virtualisierungstechniken der zugekauften Firma Nicira. Das Konzept des Software-Defined Data Center führt zur Realisierung von IT as a Service.

Die Argumente klingen überzeugend. Aber wie realistisch sind solche Visionen für Ihre Kunden heute?

Gelsinger: Wir befinden uns in einem frühen Stadium. Aber wir haben erste Kunden, die sowohl VMware als auch Nicira-Technik nutzen. Zu den großen Nicira-Anwendern gehören beispielsweise Rackspace, eBay oder auch Intel, aber auch Service-Provider wie AT&T.

vCloud Hybrid Service: der Weg zum Cloud Provider

Eine neue VMware-Initiative trägt den Namen „vCloud Hybrid Service“. Dahinter verbirgt sich offenbar ein IaaS-Angebot (Infrastructure as a Service). In der Branche sorgte das für Überraschung; VMware betritt damit den Markt für Public Cloud Services und konkurriert direkt mit Cloud-Schwergewichten wie Amazon, Google, Microsoft oder Rackspace. Ist das das Ziel?

Gelsinger: Ja. Wir entwickeln uns zum Public Cloud Provider.

Was sagen Ihre Partner dazu? Immerhin schaffen Sie damit ein Konkurrenzangebot zu deren Services.

Gelsinger: Zunächst einmal: Stellen Sie sich vor, Sie betreiben eine virtuelle Maschine mit VMware-Software in Ihrem eigenen Data Center. Sie können diese heute ganz einfach auf ein anderes Stück Hardware verschieben. Die virtuelle Maschine (VM) bekommt von dem Umzug nichts mit. Die Software, die in der VM läuft, bleibt dieselbe, gleiches gilt für die Netzwerkkonfiguration und das Management.

Mit vCloud Hybrid Service wollen wir diese Fähigkeit auch anbieten, um die VM auf einen Server in einem Public Cloud Data Center zu schieben. Mit anderen Worten: Die VM kann keinen Unterschied erkennen, ob sie in Ihrem eigenen oder einem externen Rechenzentrum einer Public Cloud arbeitet. Denn es spielt de facto keine Rolle mehr. Das ist der Mehrwert, den wir Kunden mit diesem Service anbieten.

Aber das funktioniert nur in einer reinen VMware-Umgebung.

Gelsinger: Richtig. Aber weil VMware in den Unternehmen rund 80 Prozent der Workloads trägt, ist das kein Nachteil für die Kunden. Die Flexibilität, Ressourcen auf einfache Weise zwischen internen und externen Infrastrukturen zu verschieben, ist für sie ausschlaggebend. Dazu sind keinerlei Änderungen in der Netzwerkkonfiguration oder beispielsweise in den Firewall-Services notwendig.

Konkurrenz für die eigenen Partner?

Noch einmal zurück zu Ihren Partnern. Was halten Value Added Reseller (VARs), Systemhäuser oder große IT-Service Provider von diesen Plänen? Müssen sie nicht fürchten, dass Sie ihnen Geschäftschancen nehmen?

Gelsinger: Wir verfolgen eine ausgesprochen partnerfreundliche Strategie. Wenn Sie heute ein kleiner VMware Reseller sind, können Sie künftig ebenso den VMware Service verkaufen. Sie behalten den Kunden, von uns bekommen Sie nur die Software, on premise oder als Service in der Cloud. Kleine Systemintegratoren oder VARs werden sich die Konditionen und Vertragsbestimmungen genau ansehen und den Nutzen für sich erkennen. Einem großen Systemintegrator wie T-Systems oder Cap Gemini, der selbst Data Center betreibt, bieten wir an, unseren Service auf seiner Infrastruktur laufen zu lassen. So kann er einen Mehrwert für seine Kunden zu schaffen. Es geht also nicht darum, ein Konkurrenzangebot zu schaffen, sondern die Beziehungen zu den Partnern auszuweiten. Das tun wir weltweit.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation TecChannel. (mhr)