Forderung nach mehr Transparenz im Freiberuflermarkt

Vermittler sollen Provisionen offen legen

23.03.2011
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
IT-Freiberufler wissen selten, was Agenturen an ihrer Vermittlung verdienen. Der Selbständigenverband BVSI fordert darum mehr Transparenz im Projektmarkt.

Die Honorare der IT-Freiberufler steigen derzeit ebenso wie die Zahl der Projektaufträge. "Trotzdem sind die Rahmenbedingungen für IT-Freiberufler in Deutschland verbesserungswürdig", sagt Dirk Bisping, Vorstand des Berufsverbands Selbständige in der Informatik BVSI.

BVSI-Vorstand Dirk Bisping: Die Bundesagentur für Arbeit soll sich in die Vermittlung der Freiberufler einschalten.
BVSI-Vorstand Dirk Bisping: Die Bundesagentur für Arbeit soll sich in die Vermittlung der Freiberufler einschalten.
Foto: BVSI

Ihn verwundert es, dass ein Land wie Deutschland, in dem es für sämtliche Lebensbereiche gesetzliche Bestimmungen gebe, "gesetzesfreie Zonen" auf dem Projektmarkt dulde. Warum dürften beispielsweise Agenturen bis zu 25 Prozent und mehr Provision für die Vermittlung eines IT-Spezialisten einstreichen? Dies sei nicht nachvollziehbar, dennoch manchmal Realität.

Zu hohe Margen

Viele IT-Freiberufler beklagten, dass bei der Projektvermittlung Intransparenz zum Tagesgeschäft gehöre. Dabei gehe es laut Bisping auch anders: Einige junge Vermittlerfirmen, die eine Marge von zehn oder 15 Prozent nehmen, kommunizierten diese auch offen. Die meisten IT-Selbständigen hätten allerdings keine Chance zu erkennen, mit welchen Prozentsätzen der Vermittler arbeitet.

Mittlerweile akzeptierten manche deutsche Unternehmen keine unangemessen hohen Vermittlungsgebühren mehr: Eine Reihe von Großunternehmen hat in den Einkaufsrichtlinien Höchstgrenzen für Vermittlungsmargen festgelegt. Verstößt ein Vermittler gegen die Regeln, erhält er keine Aufträge mehr. Für den Selbständigenverband ist das ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein zweiter Schritt könnte sein, den Kreis der privaten Vermittlungsagenturen um eine staatliche Stelle zu erweitern und damit den Freiberuflern Alternativen in der Projektvermittlung anzubieten. Dazu Bisping: "Es ist denkbar, dass sich die Bundesagentur für Arbeit in die Vermittlung von IT-Freiberuflern einschaltet." Die Mitarbeiter in den staatlichen Jobcentern müssten nur entsprechend geschult werden. Hier sieht der Verbandsvertreter den Gesetzgeber in der Pflicht, zumal es "die Politik bisher leider versäumt hat, sich mit den Belangen der Freiberufler zu beschäftigen, was angesichts der hohen Wachstumsraten von Selbständigen in Deutschland überrascht."

Problem Scheinselbständigkeit

Klärungsbedarf macht Bisping auch in anderen Feldern aus. In der Vergangenheit wurden IT-Selbständige wie Datenbankadministratoren oder Projektleiter "mit abstrusen Argumenten" als Gewerbetreibende eingestuft. "Die Finanzämter scheinen hier zum Teil die Paragraphen willkürlich auszulegen", ist der BVSI-Vorstand überzeugt. Ähnlich problematisch sieht er die Zwangsmitgliedschaft in der IHK, die für IT-Berater wenig Nutzen bringe und darum aufgehoben werden müsse. Ein weiteres Problem sei die Scheinselbständigkeit. Da viele IT-Projekte länger als ein Jahr dauern, laufen Freiberufler ständig Gefahr, als scheinselbständig und damit rentenversicherungspflichtig eingestuft zu werden, warnt Verbandjustitiar Benno Grunewald, der für die CW auch die Kriterien für Scheinselbständigkeit aufgelistet hat.

Schließlich fordert der Verband ein unabhängiges Gremium, das Qualifikationskriterien für IT-Freiberufler festlegt und klare berufliche Standards schafft. Bisher darf sich jeder IT-Berater nennen. Die Berufsbezeichnung ist im Gegensatz zu anderen freien Berufen wie Architekten, Ingenieuren oder Ärzten nicht geschützt. Vor einer Informatiker-Kammer könnten künftig IT-Freiberufler einen Leistungsnachweis erbringen.