Umfangreiche Produktvorstellungen IBM bemueht sich um einheitliche Strategie fuer ihre Server-Linien

27.10.1995

MUENCHEN (CW) - Die IBM will mit der juengsten Ankuendigungsoffensive signalisieren, dass sie fuer die Server ihrer verschiedenen Rechnerklassen systemuebergreifende Loesungen anzubieten hat. Nicht alle Analysten sind jedoch ueberzeugt von Big Blues Botschaft, eine harmonisierte blaue Welt kreieren zu koennen.

Die Neuigkeiten betreffen alle Systemlinien von den PC-Servern bis zu den RS/6000-Maschinen sowie der Midrange-Familie der AS/400- Rechner. Im Mainframe-Bereich verspricht Big Blue fuer kommendes Jahr ein MVS-Betriebssystem mit einem ganzen Satz von Softwareprodukten.

Ihre PC-Server erweiterte die IBM um die drei Familien "310", "320" und "520". Die Systeme liefert Big Blue mit der Netzverwaltungs-Software "Netfinity" in der Version 3.05 aus. Diese unterstuetzt neben OS/2 for SMP und Netware auch Windows 95 und SCO Unix (ausser Server 310).

Die zwei Modelle der 310-Linie mit einem Pentium-Prozessor (75 Megahertz) im Minitower-Gehaeuse stattet IBM entweder mit der PCI/ISA- oder der PCI/MCA-Bus-Variante aus. Die 320-Reihe besteht aus fuenf Modellen, die mit einer PCI/EISA-Bus-Architektur ausgeruestet sind. Die Server koennen um eine zusaetzliche Pentium- CPU mit 75 Megahertz Taktrate erweitert werden. Spaeter, so das Unternehmen, sei eine Aufruestung auf die 90-Megahertz-Variante moeglich.

Bei den 520-Modellen variiert IBM zwischen 23 Rechneroptionen mit unterschiedlichen Bus-Ausfuehrungen (PCI/MCA oder PCI/EISA). In einen der 520-Server integrierte Big Blue zudem einen "Quadpeer- Master"-Netzwerkadapter. Diese sogenannte intelligente MCA-Karte ist mit einem RISC-Prozessor bestueckt und kann bis zu vier separate LAN-Segmente direkt bedienen.

Die 310-Server sind ab etwa 5700 Mark, die 320-Modelle ab 7900 Mark sofort erhaeltlich. Ab November 1995 gibt es dann auch fuer rund 14 400 Mark die Server 520.

Das Angebot an RS/6000-Servern baute IBM um das Modell "E20" aus. Das System nutzt einen PCI-Bus und rechnet mit der Power-PC-RISC-CPU "604" (100 Megahertz). Das System besitzt unter anderem einen 16 MB grossen Arbeitsspeicher (maximal 512 MB), ein CD-ROM-Laufwerk (vierfache Geschwindigkeit) und kann intern bis zu 13 GB an Daten speichern.

Zudem verbesserte IBM die Netzintegrationsfaehigkeiten von AIX in der Version 4.1.4. Mit "AIX Connections" soll, so das Unternehmen, die Anbindung an OS/2, Windows for Workgroups, Windows 95 und NT sowie Apple-Rechner und Netware-Arbeitsplaetze erleichtert werden.

AS/400 53-S ist dreimal schneller als Vorgaenger

Die ebenfalls auf der Power-PC-RISC-Technologie aufbauenden neuen AS/400-Modelle der "Advanced-System-530"-Linie erweiterte Big Blue durch ein "53-S"-Modell. Die Maschine arbeitet mit vier Prozessoren. Das Unternehmen gab an, dieser neue Rechner sei ueber dreimal so schnell wie das Vorlaeufermodell 530, das ebenfalls mit vier CPUs bestueckt ist.

Daneben wird IBM vor allem das Software-Angebot fuer seine Midrange-Rechner ausbauen. So werde IMC den Transaktionsmonitor Tuxedo und SAP die Standardsoftware R/3 auf die AS/400 portieren. AS/400-Rechner werden in Zukunft auch Windows-95-Arbeitsplaetze unterstuetzen.

Geplant, aber somit noch Zukunftsmusik ist zudem das Datenbank- Tool "DB2-Multisystem for OS/400". Damit soll die vereinte Rechenpower von 32 zu einem Cluster verbundenen AS/400-Maschinen genutzt werden koennen. Verfuegbar sei das Datenbankprodukt im ersten Quartal 1996.

Auch zu der Absicht, MVS aufzufrischen, gab es von der IBM nur Erklaerungen und keine Produkte. Danach soll MVS in ein "voellig neues Produkt - OS/390 - transformiert" werden. Dahinter versteckt sich nach Meldungen des Brancheninformationsdienstes "Computergram" MVS/ESA, das um 30 Softwareprodukte erweitert wurde. Die IBM will mit OS/390 Dienstleistungen bieten, die unter anderem die Installation und die Testphase erleichtern.

Don Friedman, Direktor von IBMs Server-Abteilung und zustaendig fuer Strategiefragen, sagte, Big Blue habe vermehrt daran gearbeitet, Synergieeffekte zwischen den vier Systemlinien zu nutzen. Wesentlich sei etwa das Zusammenwirken der verschiedenen Rechnerklassen sowie eine einheitliche Vermarktungsstrategie gewesen.

Einige Analysten lobten zwar den Versuch der IBM, eine homogene Server-Strategie zu entwickeln, die dem Kunden die Moeglichkeit bietet, sich fuer seine Belange das jeweils richtige Modell aus Big Blues vier Rechnerklassen zu waehlen. Sie zeigten sich aber skeptisch, wie konsequent solch ein Vorhaben zu realisieren sei. Die Systempalette zeichne sich durch zu viele Unterschiede aus, als dass harmonische Uebergaenge moeglich seien.

Mark Specker von der Gartner Group etwa glaubt, Big Blue habe in den verschiedenen Server-Segmenten eine viel zu grosse installierte Basis: "Deshalb muss die IBM mit der Tatsache leben, dass eine einheitliche Server-Strategie eigentlich nicht moeglich ist."

Susan Frankle von der IDC geht davon aus, die unterschiedlichen Rechner-Geschaeftsbereiche von Big Blue muessten notgedrungen bei einigen Aufgaben zusammenarbeiten. Dies gelte etwa fuer Beratungsdienstleistungen. Frankle sieht die groessten Reibungsverluste zwischen den RS/6000- und AS/400-Divisionen.