Syntegration: Wenn alle wie ein Gehirn arbeiten

13.06.2006
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Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.
Das Problem ist groß, das Wissen um die Lösung ist in verschiedenen Köpfen verteilt. Wie Firmen ihre Mitarbeiter so vernetzen können, dass sie binnen drei Tagen eine gemeinsame Lösung finden, erklärt Professor Fredmund Malik CW-Redakteur Christoph Witte.

CW: Viele Köche verderben den Brei, sagt ein Sprichwort. In ihrem Management Zentrum St. Gallen beweisen Sie mit der Methode der Syntegration, dass komplexe Probleme am besten viele Menschen gemeinsam lösen. Was unterscheidet Syntegrationen von herkömmlichen Workshops?

MALIK: Die Syntegration hat mit herkömmlichen Workshops keine Ähnlichkeit. In einer Syntegration sind viel mehr Teilnehmer "synergetisch integriert"- daher der Name -, als irgendein Workshop zusammenzubringen vermag. Konkret sind es bis zu 42 Teilnehmer, die in der Struktur und nach der Logik kybernetischer Kommunikationssysteme arbeiten. Jedem kommen nach einem festgelegten Prinzip verschiedene Rollen als Teammitglied, Kritiker und Beobachter zu. Dadurch erreichen wir, dass in kürzester Zeit das Wissen der Beteiligten über alle Köpfe hinweg verteilt und genutzt ist. So entstehen Konsens und Zustimmung für die Maßnahmen, die umgesetzt werden sollen.

Hier lesen Sie...

  • was sich hinter der Management-Methode Syntegration verbirgt;

  • wie Unternehmen das verteilte Wissen ihrer Mitarbeiter bündeln können;

  • warum herkömmliche Management-Konferenzen weniger Ergebnisse bringen als Syntegrationen.

CW: Das Syntegrations-Prinzip hat Professor Stafford Beer Anfang der 90er Jahre entwickelt und dafür auch Erkenntnisse aus der Biologie und Architektur genutzt. Was steckt hinter der Methode?

Fredmund Malik, Malik Management Zentrum St. Gallen: "Vernetze die Spezialisten deines Unternehmens so, dass sie gemeinsam zu Lösungen kommen, die der Komplexität der Frage Rechnung tragen."
Fredmund Malik, Malik Management Zentrum St. Gallen: "Vernetze die Spezialisten deines Unternehmens so, dass sie gemeinsam zu Lösungen kommen, die der Komplexität der Frage Rechnung tragen."

MALIK: Schon der amerikanische Architekt Richard Buckminster Fuller hat das optimierte Bauprinzip der Natur - das gleichseitige Dreieck - genutzt, um Kuppelbauten von immenser Größe und Stabilität mit einem Minimum an Material zu konstruieren. Beer hat das gleiche Prinzip für die Entwicklung einer dreidimensionalen Kommunikationsstruktur angewandet, durch die menschliche Gehirne kommunikativ so miteinander vernetzt werden, dass sie wie ein einziges biologisches Gehirn arbeiten können. Diese Kommunikationsstruktur ist - mathematisch nachweisbar - optimal; sie kann nicht weiter verbessert werden. Sie verbindet die Produktivität kleiner Gruppen mit der Integrationskraft des gesammelten Wissens großer Gremien. Personen und Themen vernetzen sich von selbst. Widerstände werden abgebaut, Konflikte beseitigt. Nach zwei bis drei Tagen liegt ein konzentrierter und dokumentierter Aktionsplan vor, der das beste Wissen aller Teilnehmenden integriert.