Der Java Virtual Machine gehört die Zukunft

Sun und IBM tragen Java-OS zu Grabe

27.08.1999
MÜNCHEN (CW) - Auch der Java-Hype hat seine Grenzen. Dies mußten nun seine wichtigsten Marketiers Sun Microsystems und IBM offen eingestehen. Nach 17 Monaten Entwicklungsarbeit und erfolglosem Werbefeldzug wurde jetzt offiziell das Projekt "Java OS for Business" für beendet erklärt. Zugleich wird die Weiterentwicklung der Java Virtual Machine (JVM) nun zur zentralen Aufgabe.

Ehrgeiziges Ziel der am 1.April 1998 gestarteten Kooperation war es gewesen, ein reines Java-Betriebssystem zu entwickeln und Windows Paroli zu bieten. Java OS for Business sollte dereinst die Grundlage für eine Vielzahl von Endgeräten werden und war damit Eckstein der Thin-Client-Strategie der beiden Hersteller. Doch anders als etwa bei der GUI-Entwicklung zeigten Anwender für Java-basierte Rechner nur wenig Interesse und zwangen Sun und IBM nun zur Aufgabe ihrer ambitionierten Pläne.

Allerdings wollen beide Unternehmen auch weiterhin, jeder für sich, an ihrer Thin-Client-Strategie festhalten. So wird Sun seine überarbeitete Java-Station "Corona" Anfang September in New York vorstellen. IBM will noch in diesem Jahr eine Intel-Version seiner derzeit "Power-PC"-basierten "Network Station" auf den Markt bringen. Zudem sehen die Hersteller die Ursache für den Mißerfolg nicht nur in der geringen Nachfrage bei den Kunden, sondern vielmehr in der Weiterentwicklung anderer Java-Technologien, die ein spezielles Betriebssystem obsolet machen.

Bei IBM hieß es dementsprechend, daß das Ziel des Projektes vor allem die Performance-Steigerung von Java war. Da zu jenem Zeitpunkt die auf dem Markt verfügbaren Java Virtual Machines (JVM) hier noch Schwächen zeigten, schien Java OS for Business zunächst die bessere Lösung. Dies habe sich aber mittlerweile mit der Weiterentwicklung und Verbesserung der JVM geändert und damit eine Fortsetzung des Projekts überflüssig gemacht.

Big Blue will sich fortan ganz auf die Verbreitung der JVM auf verschiedene Plattformen konzentrieren. Nutznießer dieser Entscheidung könnte unter anderem das zuletzt ins Straucheln geratene Projekt einer Java-Version des Midrange-Rechners AS/400 sein. Zu Beginn des Jahres hatte IBM erklärt, daß sich OS/400 nicht durch eine 64-Bit-OEM-Version der eigenen JVM ersetzen ließe, ohne daß wichtige Betriebssystem-Funktionen wegfielen. Nun könnte die Konzentration auf das JVM-Geschäft den Plänen neuen Auftrieb geben.

Sun kommentierte das Ende des Projekts überschwenglich als Sieg des Thin-Client-Computings. "Unser Konzept hat sich durchgesetzt", resümiert Lisa Carnochan, Product-Line-Managerin für Client-Software und Network Computer bei Sun. "Im Internet ist bereits soviel Software erhältlich, die unsere Strategie unterstützt, daß es gar nicht mehr nötig ist, in ein spezielles Betriebssystem zu investieren."