Agiles Arbeiten erleben

Scrum in zwei Tagen

17.11.2016
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Projekte nach der Scrum-Methode zu organisieren heißt gut zu planen, sich gegenseitig zu helfen und den Kunden früh auch über Fehler zu informieren. Das und vieles andere erlebten Teilnehmer eines Scrum-Workshops in Karlsruhe.

Eine naturbelassene Landschaft mit ­Wäldern, Wiesen, Bergen, Flüssen und freilaufenden Schweinen und Schafen. Hier will der Investor Ultimative Green Car eine Fabrik bauen, die nachhaltige Autos produziert und Mitarbeitern wie Anwohnern Raum für Freizeitaktivitäten bietet. Mit der Vorgabe starteten zwölf Teilnehmer in einen außergewöhnlichen Workshop, der Scrumundagile Projektarbeit nicht nur vermitteln, sondern erlebbar machen sollte.

Agiles Projekt-Management erlebten die Teilnehmer des Workshops "Scrum in Two Days" bei der Karls­ruher Diva-e Netpioneer GmbH. Das Besondere: Die Teilnehmer müssen Aufgaben im Open-World-Spiel Minecraft erledigen und organisieren sich dabei nach der Scrum-Methode.
Agiles Projekt-Management erlebten die Teilnehmer des Workshops "Scrum in Two Days" bei der Karls­ruher Diva-e Netpioneer GmbH. Das Besondere: Die Teilnehmer müssen Aufgaben im Open-World-Spiel Minecraft erledigen und organisieren sich dabei nach der Scrum-Methode.
Foto: diva-e

Minecraft als Parabel auf Projektalltag

Die Trainer Björn Stieler und Björn Radon, die für den Karlsruher IT-Dienstleister Diva-e Netpioneer seit Jahren als Scrum Coach und Scrum Master unterwegs sind, hielten sich nicht mit langen theoretischen Einlassungen unterfüttert mit Powerpoint-Folien auf, sondern wählten einen Gamification-Ansatz: Die Teilnehmer mussten im Open-World-Spiel Minecraft obige Vorgabe des Investors Stück für Stück umsetzen - und zwar nach den Spielregeln von Scrum.

Hört sich nicht kompliziert an, entpuppte sich aber schnell als wahre Herausforderung, zumal nur wenige Teilnehmer Erfahrung mit dem Computerspiel hatten. In Minecraft muss man zuerst Werkzeuge wie eine Axt oder eine Schaufel aus den Materialien, die die Natur bietet, herstellen, um dann Bäume abholzen oder Steine abbauen zu können.

Schon während des ersten Sprints wurde klar, wie gut sich das Computerspiel, das Abermillionen Jugendliche weltweit in Bann zieht, mit dem Projektalltag vergleichen lässt. Vor allem in komplexen Projekten mit vielen Beteiligten fällt es dem Einzelnen oft schwer, den Überblick zu behalten. Arbeitet das Projektteam nicht Hand in Hand und hilft sich gegenseitig, etwa indem erfahrene Spieler ihr Wissen an ­Einsteiger weitergeben, ist das Scheitern programmiert. Ein Experte kann auch in der Realität kein Projekt allein stemmen, ein Team ist immer so stark wie sein schwächstes Glied.

"Eines der Prinzipien von Scrum ist ein crossfunktionales Team, das aus Product Owner, ­Scrum Master und einem Entwicklungsteam besteht, in dem vom Designer über den Entwick­ler und Tester bis zum Business Analyst alle vertreten sind, die für die Entwicklung eines Produkts nötig sind", erläutert Björn Radon, der seit vier Jahren als Scrum Coach arbeitet und seit Kurzem einer von 20 zertifizierten Scrum-Trainern in Deutschland ist. Weltweit gibt es etwa 250 zertifizierte Scrum-Trainer. In der ­Realität freilich bestehen Scrum-Teams oft nur aus Softwareentwicklern, was aber einem der Grundprinzipien des Agilen Manifests widerspricht: dass Entwickler und Fachexperten während des Projekt täglich zusammenarbeiten.

Wie zentral die Rolle des Teams in der agilen Projektarbeit ist, wird den Workshop-Teilnehmern auch im Minecraft-Spiel schnell klar: In jedem Sprint, der im Workshop wie auch in der Realität zeitlich genau begrenzt ist, müssen verschiedene Aufgaben erledigt werden. Ob der Bau der Zufahrt zur Fabrik oder die neue Empfangshalle, auch in Minecraft sind solche Aufgaben nur zu bewältigen, wenn sich das Team selbst zu organisieren weiß: Es gilt, die Aufgaben auf die verschiedenen Köpfe zu verteilen, sich während des Sprints ständig ab­zustimmen und auf Probleme hinzuweisen - im Projektalltag geschieht das meist im sogenannten Daily Standup. Ganz wichtig ist auch, den Product Owner, der die Interessen des Investors beziehungsweise Kunden vertritt, rechtzeitig einzubeziehen und ihm nicht erst am Ende ­eines Sprints Bescheid zu geben, dass man eine Aufgabe nicht oder nur teilweise geschafft hat.

Scrum-Prinzip: Das Wesentliche im Blick

Aber genau das passiert oft in der Realität, weiß Björn Stieler, der in agilen Projekten oft die Rolle des Product Owners übernimmt, die Verbindung zum Auftraggeber hält, gleichzeitig aber auch als Puffer zwischen Kunde und Entwicklungsteam agiert. "Eines der wesentlichen Scrum-Prinzipien ist der Fokus, das Wesentliche immer im Blick zu halten", erläutert Stieler. ­