SAP-Systemhäuser rudern zurück

08.01.2004
Von Andrea Goder

"Wir müssen unseren Bauchladen, den wir bisher hatten, stärker ordnen", gibt auch Georg Konrad, Vorstandschef der Novasoft AG, zu. Nur wie in der Vergangenheit zu sagen, man sei ein SAP-Beratunghaus, genüge heute nicht mehr. In Zukunft wollen die Heidelberger Consultants deshalb den Schwerpunkt noch mehr auf die Branchen Handel, Chemie/Pharma und Automotive legen.

Die SAP selbst hatte dieses Problem (zumindest in der Theorie) schon immer erkannt. Von Beginn seiner "Mittelstandsoffensive" im Jahr 1995 an legte der Walldorfer Softwareriese großen Wert darauf, seine entsprechenden Vertriebspartner in vertikalen Nischen zu positionieren. Durchaus mit Erfolg: Da R/3 als zu "mächtig" und komplex für den Mittelstand galt, boten die einschlägigen Systemhäuser ihren Kunden vor allem Mehrwert durch ein auf ihre jeweiligen Belange zugeschnittenes Customizung der SAP-Software. Einigen Partnern der ersten Stunde, etwa Schmidt Vogel & Partner (heute Itelligence), gelang sogar der Sprung aufs Börsenparkett des Neuen Markts.

Ähnlich wie das SAP-Beratungshaus Plaut hat sich die Itelligence AG dabei jedoch gehörig verzettelt. Der Kapitalzufluss aus dem Börsengang ermöglichte den Bielefeldern unter anderem eine teure Auslandsexpansion, gleichzeitig wurde kräftig in eine Diversifikation des eigenen Serviceportfolios investiert. Dies brachte das Unternehmen aber zuletzt kräftig ins Straucheln. Zu spät reagierte der SAP-Spezialist auf die weltweite Branchenkrise. Vorstandsvorsitzender Herbert Vogel muss heute zugeben: "Wir haben zu lange auf Westeuropa gesetzt, obwohl dort das Geschäft sukzessive schlechter wurde."

Für 2004 bekam die Company nun eine um 25 Millionen Euro niedrigere Kostenstruktur verpasst. Nur mehr rund 1000 von ehemals 1500 Arbeitsplätzen bleiben erhalten. Um das Firmenprofil wieder zu schärfen, wurden zum Jahresende alle "Non-SAP"-Aktivitäten eingestellt. Gleichzeitig wurde durch die Ausgabe von über 1,6 Millionen neuen Aktien eine Kapitalerhöhung vorgenommen, um die wegen hoher Restrukturierungsaufwendungen zuletzt sehr angespannte Eigenkapitalbasis zu stärken. Die Hälfte seiner Einnahmen generiert Itelligence übrigens nach wie vor im Mittelstand, wo die Angebotspalette über den gesamten SAP-Lebenszyklus reicht - Lizenzverkauf inklusive. "Einen Großkunden ganzheitlich zu betreuen, sind wir aber zu klein", muss Vogel einräumen. Was auch weitgehend den Abschied von aufwändigen CRM-, SCM- und E-Procurement-Projekten bedeutet.

Itelligence und Plaut sind jedoch keine Einzelfälle. "SAP-Dienstleister ohne Alleinstellungsmerkmal im Markt zu sein macht das Geschäft schwierig", kann auch Lars Landwehrkamp, Vorstand der All for One Systemhaus AG , bestätigen. Seit geraumer Zeit konzentriert sich das Unternehmen deshalb wieder auf seine "Zielmärkte" Maschinenbau, Zulieferindustrie, Gesundheitswesen und öffentlicher Dienst, nachdem es Ende der 90er Jahre schon konkrete Pläne für einen Börsengang samt entsprechenden Expansionsplänen gegeben hatte. Auch die Strategie des Unternehmens blieb die alte: Es werden vorgefertigte SAP-Lösungen mit selbst entwickelten Add-ons vertrieben. Mit Erfolg, wie Landwehrkamp behauptet, denn 40 Prozent der Einnahmen von rund 40 Millionen Euro Umsatz stammten im Geschäftsjahr 2002/03 aus dem reinen Produktgeschäft.

Die Strategie aus Dienstleistung plus eigenem Produkt verfolgt auch die Realtech AG. "Wir wollen weg vom reinen Body-Leasing", gaben die Walldorfer SAP-Berater, die ebenfalls den Sprung an den Neuen Markt geschafft hatten, schon vor mehr als zwei Jahren als Parole aus. Mittlerweile sieht sich Realtech nicht mehr nur als klassischer SAP-Dienstleister, sondern auch als Lösungsanbieter für das System-Management.